Persönlich verletzt fühlt sich der Soziologe durch den Austritt der Briten nicht – anders als eine deutsche Kollegin, die am Tag nach der Volksabstimmung weinte. In welchem Land Betthäuser in Zukunft leben möchte, hängt in erster Linie von den Jobaussichten in der Wissenschaft ab. Großbritannien habe stark von europäischen Forschungsgeldern profitiert, sagt Betthäuser. „Was damit passiert, muss man abwarten.“
Sarah Braun (31)
Sarah Braun hat Pläne für die historische Brexit-Nacht. Sie trifft sich am Freitagabend mit alten Freunden aus ihrem Studienort Tübingen, die nun ebenfalls in London leben. „Mit Deutschen an dem Abend im Pub zu diskutieren, wird sicher interessant“, sagt Braun, die in Wirklichkeit anders heißt. Wegen ihrer Arbeit für eine Beratungsfirma will die Volkswirtin ihren echten Namen lieber nicht in der Zeitung lesen. Braun und ihre Freunde überlegen, am Freitagabend auch im Londoner Rathaus vorbeizuschauen. „Supporting European Londoners through Brexit“ – auf Deutsch etwa „Unterstützung für europäische Londoner während des Brexits“ – bietet die Stadtverwaltung zwischen 17 und 20 Uhr an. Es gibt kostenlose Rechtsberatung, „seelische Unterstützung“ und eine Tasse Tee, verspricht die Einladung zu der Veranstaltung. London werde eine europäische Stadt bleiben, offen für die Welt. Braun vermutet hinter der Kampagne für Weltoffenheit auch politische Überlegungen. Sadiq Khan, der Bürgermeister der Metropole, gehört zur Labour-Partei. In London haben die Menschen mehrheitlich gegen den Brexit gestimmt.
Vor einigen Jahren hat Braun ihren Master in England gemacht. Danach hat sie anderswo gelebt. Zurückgekehrt nach Großbritannien ist sie erst 2016, als die Mehrheit der Briten schon für den Austritt gestimmt hatte. „Es war also immer klar, dass es irgendwann passieren würde.“ Die 31-Jährige sieht den Brexit pragmatisch. „Wenn die Bedingungen irgendwann nicht mehr gut sind, gehe ich woanders hin.“
Ein bisschen Wehmut kam bei Braun dann aber doch auf – bei einer Dienstreise vergangene Woche nach Turin. Die Rückkehr nach London hat sie nachdenklich gestimmt. „Da bin ich das letzte Mal nach Großbritannien als EU-Staat eingereist.“