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Pandemie Chinesische Studie: Schützen Brillen vor dem Coronavirus?

Brille plus Maske - erhöht diese Kombination die eigene Sicherheit?
Brille plus Maske - erhöht diese Kombination die eigene Sicherheit?
© FreshSplash / Getty Images
Chinesische Ärzte machten eine spannende Entdeckung: In einem Krankenhaus stellten sie fest, dass Brillenträger selten an Covid-19 erkranken. Sie vermuten, dass das Tragen einer Brille vor einer Infektion schützt.

Zufall oder Entdeckung: In einem Krankenhaus in China analysierte man die Covid-Patienten und stellte einen seltsamen Zusammenhang fest: Kaum ein Covid-Patient trug regelmäßig eine Brille. Insgesamt handelte es sich allerdings nur um 276 Patienten, davon waren 16 Brillenträger – das sind weniger als sechs Prozent. In der Bevölkerung der Gegend tragen jedoch 30 Prozent regelmäßig eine Brille. Regelmäßig bedeutet, die Brille wird mindestens acht Stunden am Tag getragen. Personen, die ihre Sehhilfe nur zum Lesen benötigen, wurden nicht berücksichtigt.

Schutz durch Brille?

Angesichts dieses Missverhältnisses liegt die Frage nahe: Schützt das Tragen einer Brille davor, sich mit dem Coronavirus zu infizieren? "Das Tragen einer Brille ist bei Chinesen jeden Alters üblich", schrieben die Autoren der Studie, die im Fachjournal "JAMA Ophthalmology" veröffentlicht wurde. "Seit dem Ausbruch von Covid-19 in Wuhan im Dezember 2019 beobachteten wir jedoch, dass nur wenige Patienten mit einer Brille auf der Krankenhausstation aufgenommen wurden. Diese Beobachtung könnte ein vorläufiger Beweis dafür sein, dass Brillenträger, die täglich eine Brille tragen, weniger anfällig für Covid-19 sind", vermuten die Autoren.

Wissenschaftlich belastbar ist diese Beobachtung jedoch nicht. Nachvollziehbar bleibt, dass eine Brille die Augenregion vor direkten "Spritzern", die durch Husten, Niesen oder schon die Aussprache entstehen, geschützt werden. Die feuchten Augäpfel sind zudem typische Aufnahmestellen für Infektionen. Tatsächlich trägt das Personal in Krankenhäusern sehr wohl einen Schutz, der ihre Augen vor Tröpfchen schützt. Ob dieses Mehr an Schutz gegen die Infektion mit Covid-19 notwendig ist, ist allerdings nicht erwiesen.

Abwägung im Einzelfall

Dr. Lisa Maragakis, Professorin für Medizin an der Johns Hopkins School of Medicine, rät zur Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse. Die Fallzahlen sind außerordentlich klein, der Anteil der Brillenträger an der Bevölkerung wurde anhand alter Daten festgelegt. Auch könne man nicht ausschließen, dass die Brillenträger generell andere Gewohnheiten als die übrige Bevölkerung haben. Sie könnten zum Beispiel vorsichtiger sein und eher zu Hause bleiben. "Es ist eine einzige Studie", so Dr. Maragakis. "Sie hat eine gewisse biologische Plausibilität, wenn man bedenkt, dass wir in Gesundheitseinrichtungen Augenschutz wie Gesichtsschutzschilde oder Schutzbrillen verwenden. Aber was noch zu untersuchen bleibt, ist, ob ein Augenschutz in einer öffentlichen Umgebung über Masken und physische Distanzierung hinaus einen zusätzlichen Schutz bieten würde. Ich meine, das ist noch unklar."

Dr. Thomas Steinemann, Sprecher der American Academy of Ophthalmology, sagte der "New York Times": "Es kann wahrscheinlich nicht schaden, eine Brille zu tragen. Aber muss das jeder tun? Wahrscheinlich nicht", sagte er. "Ich denke, man muss die Zweckmäßigkeit des Tragens eines Augen- oder Gesichtsschutzes abwägen. Menschen in bestimmten Berufen also Ersthelfer, Pfleger für jemanden, der krank ist, das sind die Gruppen, die hier besonders aufmerksam sein sollten."

Unklar ist bislang auch, in welchem Maß die Augen die Eintrittsschleuse für das Virus sein können. Die "NYT" erinnert an eine Studie aus Wuhan unter Kindern. Von 216 Covid-Patienten litten 49, also fast 23 Prozent, unter Erkrankungen und Reizungen der Augen. Unklar ist dabei, ob die Augenerkrankungen einer Folge der Covid-Infektion sind, wie man bislang angenommen hat, oder ob eine Erkrankung der Augen die Covid-Infektion begünstigt.

Quellen: NYT,  JAMA Ophthalmology

kra

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