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Woche 5: So läuft es im Home-Office mit Kindern in Zeiten von Corona
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14. April 2020 um 15:55 Uhr
Kolumne: Woche 5 im Home-Office mit Kindern in Zeiten von Corona : Von
körperlichem Abstand und sozialer Nähe
Das ist Freundin Mara beim Anschauen des gebastelten
„Nach-Corona-Fotoalbums“.
Das ist Freundin Mara beim Anschauen des gebastelten
„Nach-Corona-Fotoalbums“. Foto: arn
Düsseldorf Home-Office mit Kindern in Zeiten des Coronavirus ist kein
Selbstläufer. Das braucht einen ausgefeilten Plan.
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Von Ines Arnold
Neulich nachts fuhr in unserer Wohnsiedlung ein Krankenwagen vor. Der
Nachbar aus dem Haus gegenüber war zusammengebrochen, weil er offenbar
tagelang zu wenig getrunken und kaum gegessen hatte. Und das obwohl
seine Schränke voll sein müssten – wie sich in Gesprächen über den
Vorfall herausstellte, kaufe nicht nur ich regelmäßig für ihn ein, die
halbe Nachbarschaft übernimmt das. Aber selbst diese Fürsorge kann die
wohl so bitter nötige Umarmung nicht ersetzen.
Ich bin nicht die Einzige, die den verbreiteten Ausdruck „social
distancing“ von Anfang an als unangebracht empfand. Was wir hier
machen, ist physische Distanzierung. Sozial rücken wir enger zusammen
als je zuvor. Nie war das Interesse an Menschen, die im
Vor-Corona-Alltag nur Nebenrollen spielten, so groß wie jetzt. In
Wohnsiedlungen finden sich Kreidezeichnungen mit Genesungswünschen für
Fremde, an Laternen kleben Zettel von noch nie gesehenen Nachbarn, die
ihre Hilfe anbieten, auf Bänken liegen ausrangierte Spielsachen für
sich langweilende Kinder und in den Fenstern hängen Regenbögen als
Mutmacher für Vorbeifahrende. Das aktive Kümmern hat es plötzlich auf
die innere To-do-Liste geschafft. Jetzt, wo wir nicht mehr im
Elternbeirat über die angemessene Anzahl von Festen im Quartal
diskutieren, Babypartys organisieren oder Kerzen bei Ikea shoppen.
[corona-tagebuch.jpg]
Das System ist komplett neu geordnet. Früher dachten wir, die
Wochenenden mit den Kindern seien anstrengend, wenn wir sie nicht
durchplanen, uns verabreden. Wir dachten, wir müssten frei nehmen, wenn
der Kindergarten zu hat, weil wir sicher nicht eine Email formuliert
bekommen. Jetzt arbeiten wir von zu Hause, sind 24 Stunden mit unseren
Kindern zusammen. Wir dachten, wir müssten unsere Kinder dauerbespaßen.
Heute wissen wir, dass sie aus der Langeweile heraus am kreativsten
spielen, Streit auch gut alleine regeln. Jetzt, wo wir eigentlich noch
weniger Zeit haben müssten, nehmen wir sie uns, um uns um andere zu
sorgen. Und stellen fest, dass manche Menschen noch einsamer sind, als
wir es ohnehin schon befürchtet haben.
WZ-Redakteurin Ines Arnold. WZ-Redakteurin Ines Arnold. Foto: Melanie
Zanin/M.ZANIN
Ich bin erleichtert, dass die Großeltern meiner Kinder mit dem
körperlichen Abstand bis jetzt ganz gut umgehen können. Sie suchen die
Nähe und gehen kreativ dabei vor, den Abstand zu wahren – da sind
Videokonferenzen ja schon fast ein alter Hut. An den Feiertagen machten
sie ihren Osterspaziergang kurzerhand mit den Auto und klapperten alle
Wohnungen ab, in denen ihre Enkel auf den Hasen warteten, versteckten
Eier und kleine Geschenke in den Vorgärten, um sich dann aus sicherer
Entfernung an den Aufschreien der Kinder zu erfreuen.
Meine beiden sechsjährigen Töchter haben die Regeln des physical
distancing schon verinnerlicht und werden richtig fuchsig, falls ein
Erwachsener, der es, Zitat, „doch als alter Mensch besser wissen
müsste“ die Pferdelänge Abstand unterschreitet. Bei Oma und dem
herzkranken Opa nehmen die Kinder sogar lieber vier, fünf Pferde als
Distanz-Maßeinheit – wie umsichtig vom Osterhasen, dass er ihnen dieses
Jahr ein Fernglas da gelassen hat.
Schwer fällt es den Kindern aber, wenn sie auf andere Kinder treffen.
Der nahegelegenen Parkplatz, auf dem sie abends ihre Runden mit dem
Fahrrad drehen, ist leider längst kein Geheimtipp mehr. Die Disziplin,
dem ebenfalls dort Runden drehenden Jungen aus der Distanz zuzuwinken,
war ohne meine Kontrolle schnell vergessen. Mit jeder Laufrunde, die
ich drehte, kamen sich die Kinder näher und zack hielt die sonst
Abstand predigende Tochter Händchen mit Skaterboy Clemens. Eine
wirklich befremdliche Situation, spielende Kinder voneinander fern
halten zu müssen. Der Zweijährige versteht es natürlich überhaupt
nicht.
Wird meinen Kindern die soziale Versuchung aber nicht gerade vor die
Nase gesetzt, schlagen sie sich sehr gut. Fragen nach Freunden, Sport-
oder Kindergartenkameraden kommen äußerst selten. Sie sind mit ihren
Geschwistern total bedient. Da empfinden die Kinder es fast als
Verantwortung und weniger als Bedürfnis, ihre Freundin Mara anzurufen,
die ohne Geschwister gerade sehr unter der kindergartenfreien Zeit
leidet. Zuletzt gab es dicke Tränen am Telefon. Meine Tochter versuchte
sich eine Zeit lang als Domian und beschloss dann, ihrer Freundin ein
„Nach-Corona-Album“ zu basteln. Mit Fotos aus den vergangenen Jahren,
von gemeinsamen Ausflügen, Karnevals- und Geburtstagsfeiern. „Wenn
Corona vorbei ist, dann sind wir endlich wieder zusammen“ sollte ich
für sie auf die letzte Seite schreiben. Meine Tochter war mächtig
stolz, ich nicht weniger. Dieses Werk einer Sechsjährigen ist der beste
Beweis für ehrliche soziale Nähe. Und die Umarmung gibt es dann einfach
später. Auch für den Nachbarn.
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