Spitzentechnik in Zügen : Mehr Tempo ist stets das Plus
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Eine Alternative: Hochgeschwindigkeitszüge wie der ICE der Baureihe 407 sind teilweise mit 300 km/h mehr unterwegs Bild: dpa
Im Wirtschaftspoker zwischen Alstom, Siemens und General Electric geht es auch um moderne Hochgeschwindigkeitszüge. Spitzentechnik waren schnelle Züge aber schon in der Frühzeit der Eisenbahn.
Ob ICE, TGV oder Eurostar – Hochgeschwindigkeitszüge sind der blitzschnelle Gegenentwurf zum Stereotyp der Bummelbahn und haben die Eisenbahn auf vielen nationalen Fernstrecken zum beliebten Verkehrsmittel gemacht. Entsprechend hohes Ansehen genießen die in Europa bis zu 300 km/h schnellen Paradepferde der jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen. Auch für die Hersteller sind die Züge Renommierprojekte. Dass Siemens nun versucht hat, den Bau seiner Velaro-Triebzüge (zu denen unter anderem der neue ICE der Baureihe 407 gehört) zusammen mit dem restlichen Bahnengagement im Tausch gegen die Sparte Kraftwerkstechnik an Alstom abzugeben, mag deshalb vielen Eisenbahnfans unverständlich sein.
Als Hochgeschwindigkeitsverkehre (HGV) werden für gewöhnlich jene Verbindungen definiert, deren Spitzengeschwindigkeit über 200 km/h beträgt. Darunter werden also auch die neuen ICx-Triebzuggarnituren von Siemens fallen, die von 2016 an die bisherigen Intercity- und Eurocity-Züge ersetzen sollen. Zum Vergleich: Mit Lokomotiven bespannte Reisezüge erreichen heute im deutschen Netz 200 km/h, Güterzüge fahren höchstens 120 km/h schnell. In einigen Ländern knacken die HGV-Züge dagegen heute im Regelbetrieb schon die Marke von 300 km/h. Das schafft kurzzeitig auch der ICE 3 auf Schnellfahrstrecken wie der Route von Frankfurt am Main nach Köln.
2100 Kilometer für ICE-Verkehr
Von den seit den 1970er Jahren in Deutschland erstellten Neu- und Ausbaustrecken sind insgesamt 2100 Kilometer für den schnellen ICE-Verkehr konzipiert. Sogar einige neugebaute Tunnelstrecken wie der 9,4 Kilometer lange, mit fester Fahrbahn ausgestattete Katzenbergtunnel auf der Neubaustrecke von Karlsruhe nach Basel können mit bis zu 250 km/h befahren werden. Rein technisch wären sogar HGV-Züge mit deutlich schnellerem Tempo möglich, als ICE und Co. heute erreichen. Hier ist nicht die Rede von alternativen Systemen wie der Magnetschwebebahn, sondern dem klassischen spurgeführten Schienenverkehr, bei dem der Antrieb durch Motoren im Fahrzeug erfolgt. Was mit dieser in ihrem Grundprinzip über 200 Jahre alten Technik möglich ist, das haben Rekordfahrten vom ICE V (407 km/h im Jahr 1988) bis zum TGV V150 (575 km/h im Jahr 2007) gezeigt.
Doch gerade in Europa sind die Entfernungen zwischen einzelnen Bahnhöfen zu kurz, um dieses Spitzentempo sinnvoll einsetzen zu können. Unter anderem verbrauchen die leistungsstarken Triebzüge bei der Beschleunigung aus dem Stand ein Mehrfaches an Energie im Vergleich zur gleichmäßigen Fahrt. Dennoch fasziniert die Möglichkeit immer schnellerer Züge. Das war schon in der Frühzeit der Eisenbahnen so, als dampfbespannte Züge das schnellste Verkehrsmittel überhaupt darstellten. Aus heutiger Sicht muten zwar 30 km/h Höchstgeschwindigkeit nicht sonderlich spektakulär an. Doch den Fahrgästen der ersten deutschen Eisenbahnverbindung von Nürnberg nach Fürth ließ dieses Tempo vor knapp 180 Jahren fast den Atem stocken.
Schließlich war die aus England importierte Lokomotive Adler bis zu fünfmal so schnell wie eine Postkutsche. Und die erste deutsche Ferneisenbahn zwischen Leipzig und Dresden wurde vor 175 Jahren bei ihrer Eröffnung im April 1839 bereits mit mehr als 30 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit befahren. Seither haben sich nicht nur Durchschnitts- und Höchstgeschwindigkeit von Personenzügen vervielfacht, sondern auch das komplette System vom Fahrzeug (Triebzug mit verteiltem Antrieb statt lokbespanntem Zug) über den Fahrweg (feste Fahrbahn statt im Schotterbett verlegter Gleise) bis zur Steuerungstechnik wurde weiterentwickelt.