Neuer Zug von Siemens : Das ist der ICE der Zukunft
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Computeranimation des „Velaro Novo“ Bild: dpa
Schneller, leichter, energieeffizienter: So plant der Konzern seinen neuen Vorzeigezug. Der Fusion mit Alstom soll das Projekt nicht im Wege stehen – obwohl der Noch-Konkurrent ähnliche Ideen hat.
Siemens folgt dem „Prinzip der leeren Röhre“. Für sein neues Prestigeobjekt, den Hochgeschwindigkeitszug Velaro Novo, nimmt der Konzern eine Anleihe aus der Flugzeugindustrie. Und das bedeutet: vollkommene Freiheit in der Innenausstattung. Nach den Plänen von Siemens Mobility, dem Bahnhersteller des Münchner Technologiekonzerns, sollen Zugbetreiber wie die Deutsche Bahn selbst entscheiden, wie sich Passagiere bei einer Geschwindigkeit von bis zu 360 Stundenkilometern wohl fühlen sollen. Fluggesellschaften melden seit langem Wünsche bei den Lieferanten Airbus und Boeing an. Doch was in der Luftfahrt üblich ist, gilt in der Bahnindustrie längst nicht als selbstverständlich.

Wirtschaftskorrespondent mit Sitz in München.
Siemens stellte das Konzept für seinen neuen Vorzeigezug am Mittwoch in Krefeld vor. 2023 soll der Velaro Novo auf das Gleis gebracht werden. Und er dürfte einmal der ICE 5 der Deutschen Bahn werden. Der aktuelle ICE 4 gilt indes nicht als Höchstgeschwindigkeitszug, wie die Branche es formuliert. Der derzeit ausgelieferte Sprinter rast nämlich „nur“ mit 250 Stundenkilometern zwischen den deutschen Metropolen. Der Velaro Novo wird auf der Messe Innotrans in Berlin im September die Neuheit sein.
Dann ist die angestrebte Fusion von Siemens Mobility mit dem französischen Konkurrenten Alstom noch lange nicht durch. Die Kartellprüfungen haben gerade erst begonnen. Ein Vollzug könnte womöglich erst im Frühjahr 2019, später als ursprünglich erhofft, erfolgen. Zu stoppen ist die jüngste Siemens-Innovation sowieso genauso wenig wie die Entwicklung des neuen TGV von Alstom, der ebenso um 2023 herum auf den Markt kommt. Für beide sind die Vorbereitungen längst in Fahrt. Somit machen sich nach der Fusion unter Siemens Alstom zwei teure, prestigeträchtige Hochgeschwindigkeitssysteme Konkurrenz.
Wie die SNCF für den TGV, so die Deutsche Bahn für den ICE
Was der französische Bahnbetreiber SNCF als maßgeblicher Unterstützer für den neuen TGV ist, ist die Deutsche Bahn als wichtiger Kunde von Siemens für den Velaro Novo, der indes vor allem für die internationale Märkte entwickelt wird. Das Staatsunternehmen hat bereits erste Gespräche mit Siemens geführt und Interesse bekundet. Wie viele Bahngesellschaften ist auch die Deutsche Bahn gezwungen, im wachsenden Wettbewerb mit Flugzeug und Bus mehr Komfort zu schaffen und gleichzeitig günstige Ticketpreise anzubieten. Das soll der Velaro Novo ermöglichen: höherer Fahrkomfort, verbesserte Wirtschaftlichkeit, um 20 Prozent geringere Anschaffungskosten.
Der Aufsichtsrat der Bahn traf sich am Mittwoch fast zeitgleich mit der Siemens-Präsentation zur Klausur. Bislang hat die Bahn 119 ICE4-Züge für 5,3 Milliarden Euro in Auftrag gegeben, die Siemens bis 2023 liefern soll. Nun stockt die Bahn die Bestellung auf, wie bereits zuvor aus Aufsichtsratskreisen zu hören war. Voraussichtlich eine Milliarde zusätzlich fließt in weitere Hochgeschwindigkeitszüge und das Aufmöbeln alter ICE, die nun länger
durchhalten sollen. Ein Beschluss des Aufsichtsrats dazu soll aber erst im September fallen.
„Wir spielen auf Angriff“, sagte Bahnchef Richard Lutz am Wochenende in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Das bundeseigene Unternehmen will nicht zusehen, wie Billigflieger, Fernbusse und Mitfahrzentralen beim Kunden punkten. Lutz will weitere Fahrgastrekorde. „Mit mehr Zügen, mehr günstigen Tickets und besserem Service, etwa kostenlosem WLAN“, wirbt der Vorstandschef.