Preis für Meinungsfreiheit: PEN findet "Charlie Hebdo"-Befürworter
Dieser Preis spaltet die US-Schriftstellerszene: Der Autorenverband PEN möchte das Satiremagazin "Charlie Hebdo" für seinen Mut zur Meinungsfreiheit ehren. Sechs prominente Autoren hatten für die Gala abgesagt, nun gibt es Ersatz.
Der Fantasy-Autor Neil Gaiman und die Graphic-Novel-Autoren Art Spiegelman und Alison Bechdel zählen zu den Schriftstellern, die bei einer Gala des Verbandes PEN am 5. Mai in New York zu Ehren von "Charlie Hebdo" reden wollen. Aus Protest gegen den Preis für das französische Satiremagazin hatten sechs Schriftsteller in der Vorwoche ihre Teilnahme zurückgezogen.
"Ich fühle mich geehrt", schrieb der Fantasy-Autor Neil Gaiman in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur AP über seine Einladung als Tischredner: "Die 'Charlie Hebdo'-Karikaturisten bekommen einen Preis für ihren Mut. Sie haben ihr Magazin weiter herausgebracht, nachdem ihre Redaktion angegriffen wurde."
Die literarische Welt ist in Aufruhr, seit bekannt wurde, dass die Schriftsteller Peter Carey, Taiye Selasi, Michael Ondaatje, Teju Cole, Francine Prose und Rachel Kushner ihre Teilnahme an der Gala abgesagt haben und sich von der Preisverleihung an "Charlie Hebdo" distanzieren. Ihrer Haltung haben sich inzwischen in einem vom Journalisten Glenn Greenwald initiierten offenen Brief über 200 PEN-Mitglieder angeschlossen.
"Ein entscheidender Unterschied"
Beide Seiten der Debatte sind sich einig darüber, dass "Charlie Hebdo" das Recht habe, auch religionskritische Karikaturen zu veröffentlichen und dass es die Aufgabe von PEN sei, gefährdete Autoren zu verteidigen. Selbstverständlich dürfe "eine Meinungsäußerung, wie umstritten sie auch immer sei, nicht mit Gewalt oder Mord beantwortet werden", heißt es in dem offenen Brief, der auf Greenwalds Internetseite "The Intercept" veröffentlicht ist.
Es gebe aber "einen entscheidenden Unterschied dazwischen, eine Äußerung, die die Akzeptanz verletzt, zu verteidigen und eine solche Äußerung enthusiastisch mit einem Preis zu belohnen." Man müsse auch bei Satire berücksichtigen, wie die Machtpositionen zwischen Kritiker und Kritisierten aussähen.
Neil Gaiman schrieb in seiner E-Mail, er sei erstaunt darüber, dass "einige ansonsten wohlmeinende Schriftsteller nicht verstanden haben, dass man nicht mögen muss, was gesagt wird, wenn man das Recht der Leute verteidigen will, es zu sagen."
In den USA hatte die Frage, ob man die Mohammed-Karikaturen des Satireblattes veröffentlichen solle oder nicht, schon kurz nach dem Anschlag auf "Charlie Hebdo" im Januar für Diskussionen gesorgt.
feb/AP
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