07.02.2015

Lebenstipps Irre geil

Bestsellerautor Heinz Strunk kann nicht nur urkomische Romane wie "Fleisch ist mein Gemüse" schreiben, sondern versteht sich auch auf Ratgeberliteratur. Ende vergangenen Jahres legte er das "Strunk Prinzip" vor, eine Satire auf real existierende Machwerke wie "Sprenge deine Grenzen" oder "Der Crash ist die Lösung", die seit einigen Jahren die Sachbuch-Bestsellerliste verstopfen. Strunk hat Weisheiten wie die folgende auf Lager: "Aus einem Nachteil einen Vorteil zu machen, das ist die lebenslange Aufgabe. Gelingen kann sie nicht." Man hat es hier also mit einem schlauen Mann zu tun, und daher hat der UniSPIEGEL nachgefragt: Wie ist Heinz Strunk, 52, so lebensklug geworden? Er nannte uns fünf Begebenheiten und kulturelle Werke, die seine Sicht aufs Leben grundlegend änderten.

- 5 - Das erste Treffen mit Rocko Schamoni

Generell geht nichts über die Begegnung mit Leuten, bei denen man sich etwas abschauen kann. Ich muss hier in erster Linie den Musiker Rocko Schamoni nennen, den ich 1994 zum ersten Mal traf. Ich hatte ein erstes witziges Album gemacht, hinten stand meine Telefonnummer drauf. Da rief er mich an, und wir verabredeten uns. Ich sah damals aus wie Markus, dieser Neue-Deutsche-Welle-Typ, der "Ich will Spaß" gesungen hat. Also nicht gut - und schon mal gar nicht so, wie Rocko sich das vorgestellt hatte. Doch obwohl er hier in Hamburg ein echter Styler war, hat er schnell alle optischen Vorbehalte über Bord geworfen und wurde zu meinem wichtigsten Förderer. Kurz danach haben wir zusammen mit Jacques Palminger "Studio Braun" gegründet.

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Das Satiremagazin "Titanic"

Wenn du jung und irgendwie anders bist, denkst du manchmal, es gibt da draußen keinen, der deinen Humor und deine Haltung teilt. Daher war das "Titanic"-Magazin für mich so wichtig, denn es zeigte mir: Da sitzen in Frankfurt ein paar Typen, die ähnlich schräg ticken und den gleichen Kram bedingungslos gut finden. Vor allem die Kolumnen von Max Goldt fand ich exzellent. Heute schreibe ich selber für die "Titanic". Es ist mir eine Ehre.

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"Schande" von J.M. Coetzee

Ich lese keine Sachbücher oder Gedichte. Nur Prosa. Gelesen wird immer mit dem Edding im Anschlag, weil ich ein miserables Gedächtnis habe und mir alle geilen Stellen sofort markieren und hinterher gesondert aufschreiben muss, um sie nicht zu vergessen. Die Folge: Von allen guten Büchern, die ich gelesen habe, gibt es die Essenz auf gerade mal zwei oder drei Seiten. Da habe ich dann auch später noch was von. Einfach nur zu lesen, das wäre nur Unterhaltung. Und ich lese keine Unterhaltungsliteratur. Ich empfehle dagegen: "Schande" von J.M. Coetzee, gar nicht so dick, 350 Seiten. Coetzee bekam 2003 den Literaturnobelpreis - völlig zu Recht.

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Deutsche Humoristen

Comedians sind die aus dem Privatfernsehen, die am liebsten in riesigen Arenen auftreten möchten. Damit kann ich nichts anfangen, da sitze ich mit einem Betongesicht vor dem Fernseher. Eine ganz andere Liga sind dagegen die drei großen deutschen Humoristen: Loriot, Gerhard Polt und Helge Schneider. Bei Helge Schneider gibt es natürlich Gemeinsamkeiten: die Initialen H.S. und die Musik - wobei Helge im Vergleich zu mir der weitaus bessere Musiker ist. Seine Bühnenpräsenz ist unschlagbar.

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"Fat Of The Land" von The Prodigy

Ist schon eine etwas ältere Platte, von 1997. Aber es ist das letzte Album, das mich so richtig gekriegt hat. Es ist der Beleg dafür, dass es gelingen kann, etwas zu erschaffen, das auf der einen Seite sehr cool und innovativ ist - und auf der anderen Seite massenkompatibel. Der Song "Firestarter" trifft so richtig ins Schwarze. Mehr geht nicht. Völlig irre. Und irre geil.


UNI SPIEGEL 1/2015
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