Wahlwerbung in Hamburg: Ach, das soll witzig sein?!
Puffbesuche, bunte Hunde, halbe Bürgermeister. Die Parteistrategen setzen im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf mehr auf Effekt als auf Inhalt. Hier die schrägsten Wahlplakate.
Hamburg - Freundlich lächelt die blonde Frau aus dem goldenen Bilderrahmen, der an einer weiß gefliesten Wand hängt. Davor sitzt ein schwarz-orangefarbener Hund auf einem weißen Plastikstuhl und starrt auf die Porträtierte. Bei ihr handelt es sich um Brigitta Martens, CDU-Politikerin in Hamburg. Das Motiv mit buntem Hund ist eines ihrer Wahlkampfplakate - und Martens ist davon überzeugt, damit Wähler zu überzeugen.
Ihre Eigenwerbung prangt an vielen Stellen in der Innenstadt. Über dem farbenfrohen Haustier ist die Webadresse "bekanntwieeinbunterhund.hamburg" zu lesen. Dabei ist CDU-Frau Martens sicher alles mögliche - nur nicht bekannt wie ein bunter Hund. Was also soll dieser Werbeslogan?
"Die Botschaft hinter dem Plakat ist so einfach wie plakativ", erklärt Martens auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE: "Mensch und Tier unterscheidet die Kultur. Übersetzt: Die Kultur und die kulturelle Bildung bilden das Fundament unserer Gesellschaft."
Martens Webseite kommt allerdings nicht ganz so tiefsinnig daher: Dort erwartet den politikinteressierten User unter dem Slogan "Kultur ist unser Leben" ein Hundefoto-Wettbewerb, Hauptgewinn: eine Digitalkamera.
Und die anderen Parteien?
Die SPD präsentierte den Regierungschef Olaf Scholz auf den frühen Plakaten der SPD-Kampagne halbwegs kopflos, von Nase, Ohren und Augen ist nämlich nichts zu sehen.
Der Spott im Netz ist groß, dabei hatten sich die Macher bei dem Plakat nach eigenen Angaben einiges gedacht: Das Motiv stelle die politische Botschaft "Hamburg weiter vorn" in den Vordergrund, sagt SPD-Pressesprecher Lars Balcke - und nicht die Partei oder deren Spitzenkandidat. Bleibt bloß die Frage, welche politische Botschaft sich hinter einem Satz wie "Hamburg weiter vorn" verbergen soll.
Deutlich konkreter kommen da schon die Forderungen der Satire-Truppe "Die Partei" daher. "Puff ab 16!" steht in schrillem Pink auf deren Wahlplakaten, dazu die Empfehlung: "Am 15. Februar die Partei wählen und dann fett abnudeln".
Es handele sich dabei um "die einzige Forderung für Erstwähler in diesem ansonsten lahmen Wahlkampf", lässt "Partei"-Sprecher Dirk Kotte wissen. Da ist Aufmerksamkeit garantiert. Die beschert der Partei des früheren "Titanic"-Chefredakteurs Martin Sonneborn auch ein weiteres Kalauer-Plakat: Studentische Anhänger der "Partei" zeichneten einen knuddeligen blauen Wal auf rotem Grund und nannten das ganze Wal-Plakat.
Es bräuchte jedoch keine Satireparteien, um im derzeitigen Wahlkampf auf fragwürdige Wortspielereien zu stoßen. So etwa bei der FDP, die gleich zu Beginn des Bürgerschaftswahlkampfs ihre Spitzenkandidatin Katja Suding auf Plakaten kurzerhand zum Mann erklärte. Die Begründung der Freidemokraten: Man habe mit dem Klischee spielen wollen, dass die Politik noch immer eine Männerdomäne sei, in der sich Suding durchgesetzt habe. Für FDP-Verhältnisse ist das fast spaßfrei. Es gab schon deutlich peinlichere Suding-Auftritte - und sehr viel blamablere FDP-Wahlplakate.
Ein Trend lässt sich jedenfalls im Hamburger Wahlkampf eindeutig ausmachen: Wenn auch die Aussagen auf Plakaten, Broschüren und Stellwänden nicht immer sonderlich aussagekräftig sind, so zeigen sie aber zumindest, dass sich die Parteistrategen auf die Suche nach dem Humor begeben haben. Sie haben ihn nur nicht immer gefunden.
Und, übrigens: Die Idee mit den bunten Hunden auf Wahlplakaten hatte nicht nur die CDU. Auch die Grünen wollen mit süßen Haustieren punkten - und so für eine "tolerante, vielfältige Stadtgesellschaft werben", wie Parteisprecherin Silke Lipphardt sagt. Dass ausgerechnet die CDU ebenfalls mit gefärbten Hunden für sich wirbt, sei natürlich "bloßer Zufall".
© SPIEGEL ONLINE 2015
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung der SPIEGELnet GmbH
- FDP-Spitzenkandidatin Suding: Angriff mit High Heels (05.02.2015)
- Verwirrendes FDP-Wahlplakat: Katja, der Mann für alle Fälle (09.12.2014)
- "Keine Sau"-Plakate: FDP kehrt Anti-Kampagne in Brandenburg ins Positive (07.08.2014)
- Europawahl: Merkel-Plakat macht selbst SPD-Anhänger glücklich (23.05.2014)
- Europawahlkampf: AfD vergleicht EU mit Kim-Diktatur (28.04.2014)
- Missglückte Politiker-Plakate: Wahlwerbung mit Dackelblick (25.04.2014)
- Umstrittenes Wahlplakat: Chabos wissen, wer CSU-Kandidat ist (03.02.2014)
für die Inhalte externer Internetseiten.