Sonntag, 17. Januar 2016

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Die Wirtschaftsglosse Hinsehen, Davos weh tut

Eine interessante Frage, da müssen wir mal nachsehen: Bank-von-England-Chef Mark Carney und IWF-Direktorin Christine Lagarde debattieren unter dem Motto "Eine reichere Welt - aber für wen?"

Das Weltwirtschaftsforum in Davos ist der größte Treffpunkt der Reichen, Mächtigen und Weltverbesserer. Und damit auch der Realsatiriker, an die wir am Ende des Tages diesen Glossenplatz abgeben müssen.

"Committed to improving the state of the world" - Keinen Zweifel lässt das Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos an seinem Anspruch, die Welt zu verbessern.

Die versammelten Unternehmens- und Staatsführer reden nicht nur darüber ("Vision ... Sustainability ... Revolution ... Stability ... Rethink ... Disruption ... Leadership ... Breakthrough"), sie tun auch etwas, um die Welt zu verbessern. Zum Beispiel tolle Partys feiern, auf denen sie andere Unternehmens- und Staatsführer mit dem Hang zum Weltverbessern treffen. Oder irre Skiabfahrten von den umliegenden Bergen. Das verbessert die Welt unmittelbar.

Arvid Kaiser
manager-magazin.de
Arvid Kaiser
Wort und Tat vereint sind in Hunderten von Podiumsdiskussionen wie "Escaping from Poverty", deren Teilnehmer besser als jeder andere wissen, wie man der Armut entkommt. Ja, schon die Tatsache, dass sie den Helikopterflug in das Alpendorf nicht scheuen, dessen ohnehin schon happige Preise neuerdings 1:1 in Euro zu übersetzen sind, beweist, wie sehr sie der Armut bereits entkommen sind.

Der Davos Man nimmt die Probleme der Welt ernst. Eines der größten Probleme, das macht Winnie Byanyima von der Hilfsorganisation Oxfam als Co-chair der diesjährigen Konferenz deutlich, ist die globale Ungleichheit: Die reichsten 1 Prozent besitzen bald mehr Vermögen als der ganze Rest der Menschheit.

Im Privatjet in die Alpen - und für ein schlichtes Leben werben

Diese Botschaft rüttelt die Davos-Teilnehmer auf. Zum Beispiel Jeff Greene, der reich wurde, indem er vor der Immobilienkrise darauf wettete, dass Millionen Amerikaner ihre Kredite nicht mehr bezahlen können würden. Der Eigentümer einer Firma namens Florida Sunshine Investments im Nobelort Coral Gables verfügt nach eigenen Angaben über mehr als vier Milliarden Dollar an Finanz- und Immobilienvermögen, womit er zu den reichsten 0,000005 Prozent der Menschheit zählt.

Er ist extra mit Frau, Kindern und zwei Nannies im Privatjet nach Davos geflogen, um über die Probleme der armen Menschen zu lernen, Promis wie Tony Blair zum privaten Essen zu treffen und verschiedene Partys zu besuchen.

Ausgerüstet mit dieser Erfahrung hat er gegenüber "Bloomberg" eine klare Botschaft: "Amerikas Ansprüche an die Lebensart sind viel zu hoch und müssen angepasst werden, damit wir weniger Dinge brauchen und ein schlichteres, besseres Dasein führen." Sonst drohe die Arbeitsmarktkrise in soziale Unruhen zu münden. "Wir müssen unsere gesamte Lebensweise neu erfinden."

Zu Hause in Palm Beach, "wo niemand schlechte Nachrichten hören will und alle nur damit beschäftigt sind, den Ölpreis vorherzusagen", will er deshalb eine ähnlich tolle Konferenz veranstalten wie die in Davos. Motto: "Die Lücke schließen." Na dann.

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