Starke Quartalszahlen: Amazon kriegt die Kurve
Ende der Durststrecke: Mit guten Bilanzzahlen überraschte Online-Händler Amazon die Wall Street - vor allem dank seines Streaming-Dienstes. Das Nachsehen haben Rivalen wie Netflix und Google.
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Ein bisschen Glamour schadet nichts. Das muss sich Jeff Bezos gedacht haben, der Gründer und Vorstandschef des Online-Händlers Amazon, als er neulich der Verleihung der Golden Globes in Hollywood beiwohnte. Da stolzierte der Internetmilliardär im Smoking über den roten Teppich, posierte mit Stars, Starlets und schließlich mit zwei Golden Globes für "Transparent" - die ersten für eine eigene Amazon-Serie.
"Prime ist ein einzigartiges Buffet", prahlte Bezos und verriet ein sonst selten veröffentlichtes Detail: 2014 steckte Amazon 1,3 Milliarden Dollar in Prime Instant Video, sein Konkurrenzangebot zum Streaming-Marktführer Netflix. Dessen Wachstum verlangsamt sich, trotz dreimal so hoher Investitionen und zuletzt 57,4 Millionen Abonnenten weltweit.
Gesamtverlust - aber starke Quartalszahlen
Nach verlustreichen Quartalen, in denen es Milliarden an Investitionen verbrannte, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen, scheint Amazon die Kurve zu kriegen. Bezos' riskante Strategie zahlt sich aus: Wachsende Umsätze bescherten ihm einen Quartalsgewinn von 591 Millionen Dollar, 81 Millionen Dollar mehr als im Vorjahresvergleich.
Zwar schloss Amazon 2014 immer noch mit 241 Millionen Dollar Gesamtverlust ab. Dennoch waren diese Ergebnisse viel besser, als es die skeptischen Wall-Street-Analysten erwartet hatten. Die Anleger dankten es Amazon denn auch mit einem nachbörslichen Kursschub.
Dafür sorgte nicht zuletzt eben Prime, Amazons VIP-Lieferdienst plus Video-Streaming für Musik, Filme, Serien und "Transparent", das bisher gewagteste Eigenprodukt. Die Story eines transsexuellen Familienvaters schlug die Netflix-Frauenknast-Satire "Orange Is the New Black" im Golden-Globe-Rennen um die beste Komödie - und verschaffte dem Hauptdarsteller Jeffrey Tambor, 70, ebenfalls einen Globe, den ersten seiner langen Karriere als Charakterschauspieler.
Produzieren, bestellen, liefern - Amazon macht alles
Das alles ist telegener Schmuck für Bezos' eiskaltes Kalkül: Er baut sein 20-jähriges Online-Kaufhaus zum autarken Markt aus, dessen Kunden Amazon-Produkte konsumieren, bestellt via Amazon, geliefert via Amazon, gestreamt via Amazon. Dahinein passt auch Amazons jüngstes Angebot, ein E-Mail-Dienst für Geschäftskunden, sowie sein gnadenlos durchgezogener Streit mit der US-Buchbranche um E-Book-Preise. Motto: Kontrolle ist alles.
"Amazon wird zu einer Organisation, die über den Einzelhandel hinausgeht und Dinge findet, die es interessant macht und langfristig unterscheidet", sagte der Analyst TJ Keitt der Zeitung "USA Today".
Damit macht Bezos - der die US-Medienlandschaft schockierte, als er die "Washington Post" kaufte - nicht nur Netflix Konkurrenz. Sondern auch anderen Web-Giganten wie Microsoft und Google.
Google-Aktie sackt trotz Gewinn ab
Letzteres tritt zurzeit auf der Stelle. Ebenfalls am Donnerstag mussten sich Google-Finanzchef Patrick Pichette und der aus London zugeschaltete Chief Business Officer Omid Kordestani telefonisch für eine enttäuschende Bilanz rechtfertigen - in einer Konferenz mit Analysten, die ironischerweise von technischen Pannen geplagt war.
Verantwortlich für den Dämpfer war die Onlinewerbung: Zwar stiegen die Klicks dort um 14 Prozent, brachten aber drei Prozent weniger Geld ein. Diese Sorge drückt den Google-Kurs seit Monaten - obwohl längst täglich mehr als eine Milliarde Nutzer allein das Google-Videoportal YouTube nutzen. Doch YouTube und die digitale Streaming-Plattform Google Play sind nur vergleichsweise kleine Teile des Google-Puzzles.
Amazon denkt derweil schon dramatisch voraus: Als nächstes will es Hollywood durcheinanderwirbeln und eigene Kinofilme produzieren. Beim Sundance Film Festival war Amazons Studiochef Roy Price - dessen Vater in den Achtzigerjahren die altehrwürdigen Universal Studios leitete - auf allen Partys zu sehen. Nächster Stop - ein Oscar?
Zusammenfassung: Amazon hat einen überraschend hohen Quartalsgewinn eingefahren - die Anleger reagierten positiv. Das liegt vor allem am florierenden Video-Streaming-Dienst. Bei Google ist die Stimmung schlechter: Der - immer noch sehr hohe - Gewinn blieb hinter den Erwartungen zurück, die Aktie sackte ab.
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