Integration absurd: Auch Pegida gehört zu Deutschland
Viele wollen es nicht wahrhaben, doch die Mehrheitsgesellschaft muss zur Kenntnis nehmen, dass Pegida-Mitläufer in Dresden zur festen Größe geworden sind. Hat hier die Integration versagt?
25.000 Pegida-Demonstranten in Dresden, und jede Woche werden es mehr: Das sind die Folgen einer völlig verfehlten Integrationspolitik in Deutschland. Immer mehr Menschen fragen sich jetzt, wie es in diesem Land weitergehen soll. Man muss ihre Sorgen ernst nehmen, aber man muss ihnen auch sagen: Es besteht kein Grund zur Panik.
Zu lange jedoch hat sich die Mehrheit nicht um diese Menschen gekümmert. Es gab Defizite bei der Bildung, gerade im Osten Sachsens wurden die Einwohner viel zu sehr sich selbst überlassen, es etablierten sich Parallelgesellschaften. In Dresden soll es Stadtviertel geben, in denen nur Sächsisch gesprochen wird. Niemand kann wollen, dass es in Berlin oder München auch so weit kommt.
Vergessen wir dabei aber nicht, dass die pegidische Kultur auch eine Bereicherung für die Mehrheitsgesellschaft sein kann: Ein akkurat gemähter Rasen im Vorgarten, eine wohlgescheitelte Frisur, die rituelle Autowaschung am Samstag muss keine Bedrohung sein. So fremd und zuweilen auch abstoßend uns ihr Gebaren auch erscheinen mag: Solange sie uns ihre kleinbürgerlichen Rituale nicht aufzwingen, dürfen Pegiden tun, was sie wollen - wenn sie sich dabei an die Gesetze halten.
Verharren in Staatshilfe, Bildungs- und Leistungsverweigerung ist keine Lösung. Ja, wir haben Nachholbedarf: Integrations- und Sprachkurse für die ganze Familie, demokratische Angebote auch auf Sächsisch und selbstverständlich in deutscher Sprache.
Zuallererst brauchen wir aber eine klare Haltung: Ein Verständnis von Deutschland, das Zugehörigkeit nicht auf einen Pass, eine Familiengeschichte oder einen Glauben verengt, sondern breiter angelegt ist. Weltoffenheit gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Politische Vernunft gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere bundesrepublikanische Geschichte. Aber Pegida gehört inzwischen auch wieder zu Deutschland. Leider.

E-Mail: Stefan_Kuzmany@spiegel.de
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