Sonntag, 17. Januar 2016

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Die Wirtschaftsglosse Ökonomie für Frohnaturen

Der lachende Dritte: Frohnaturen kommen leichter durchs Leben - und erfolgreicher

Leicht verspätet, aber immer noch passend zum Jahresbeginn: Warum Optimismus die Wirtschaft belebt. Denn trotz Krisen jeder Art - am Ende des Tages gewinnt, wer sich nicht unterkriegen lässt.

Hah, ich habe es doch schon immer gewußt! Von wegen - Du immer mit Deiner penetrant guten Laune und Deiner unsäglichen positiven Lebenseinstellung. Schau doch mal an, wie schlecht die Welt ist: Kriege, Flüchtlingselend, Terrorismus, Wirtschaftskrise, Eurokrise. Und jetzt droht auch noch Deflation statt Inflation - was ja sehr viel schlimmer ist für die Börse, die Unternehmen, die Arbeitsplätze und überhaupt.

All den Begleitern, die mir angesichts dieser vielfältigen, ernsten, ja scheinbar unbewältigbaren Probleme meinen unerschütterlichen Optimismus als oberflächliche Leichtfüßigkeit und blinden Zukunftsglauben vorwerfen, sei hiermit gesagt: Hey Leute, positives Denken ist gut. Jetzt endlich ist es wissenschaftlich erwiesen: Optimismus macht glücklich und erfolgreich. Vor allem aber - und das ist in unserer vollständig durchökonomisierten Welt das Wichtigste - stärkt er die Wirtschaft.

Die überaus renommierten und weltbekannten (mir jedenfalls) Sozialforscher Manju Puri und David Robinson von der berühmten Duke University in Durham, North Carolina haben in umfangreichen Studien herausgefunden: Optimistische Menschen arbeiten härter, verdienen mehr, machen erfolgreicher Karriere, gewinnen häufiger im Sport oder bei Wahlen und haben auch noch jede Menge Vergnügen dabei.

Eva Müller
manager magazin
Eva Müller
Mir war das ja schon immer sonnenklar: Schließlich nennt man Zeitgenossen, die immer nur Risiken, Probleme und Gefahren sehen, Spaßbremsen. Und diese Pessimisten verderben einem nicht nur die gute Laune, sondern sie bringen auch ökonomisch längst nicht so viel wie wir Optimisten. Wir schaffen nämlich gut gelaunt supereffizient, speisen unser Geld auch mit Hochgenuss wieder in den Wirtschaftskreislauf ein und beleben damit die Konjunktur. Denn wir Frohnaturen machen uns wenig Sorgen um die Zukunft.

Deshalb hocken wir nicht auf unserem Geld und bunkern es ängstlich selbst zu Negativzinsen auf Festgeldkonten. Nein, nein: wir geben es mit beiden Händen aus. Ich muß nur auf die drei großen Einkaufstüten voll mit unglaublich schönen Winterstiefeln, einem Paar bunter Sommer-Ballerinas, einem schillernden Brokatrock und einem entzückenden Spitzenkleidchen schauen, die hinter meinem Schreibtischstuhl stehen. Und all diese Kostbarkeiten habe ich in einer einzigen, einstündigen Mittagspause zusammengerafft.

Wenn das kein echter Wachstumsbeitrag ist, dann weiß ich auch nicht mehr. Aber wir Schwärmer sind nicht nur tumbe Konsumdeppen, die den Handel ankurbeln und die Kinderarbeit in China, Vietnam oder Kambodscha fördern. Wir legen unser verbliebenes Einkommen auch noch voller Zukunftsglauben an: Nicht in Gold oder Eigentumswohnungen, diese vermeintlich sicheren Sachwerte, die unser Vermögen vor allem absichern sollen - in Wahrheit aber langsam und beständig ohne ökonomischen Nutzen verbrennen.

Wir Wirtschaftsförderer setzen auf Aktien, voller Zuversicht, dass die Unternehmen an denen wir uns beteiligen, blühen und gedeihen mögen. Dann werfen sie nicht nur nette Dividenden ab sondern steigen insgesamt im Wert.

Die Wirtschaftsglosse im manager magazin
Jeden Freitag eröffnen Autoren aus der Print- und Onlineredaktion von manager magazin einen anderen Blickwinkel auf das Wirtschaftsgeschehen: Weniger kursrelevant, aber am Ende des Tages umso unterhaltsamer.
So wie ich die Ökonomen verstehe, sind solche Investments in Produktivkräfte volkswirtschaftlich sehr viel nützlicher als Krüger-Rands im Safe. Die befördern höchstens das Wohl der Tresor-Hersteller - meines Wissens nach keine besonders bedeutsame Industrie hierzulande.

Auch dazu eine wissenschaftliche Studie: David Hirshleifer und seine Kollegen von der University of California haben erkannt, dass Führungskräfte, die voller Optimismus Aktien ihrer Unternehmen zukauften, sehr viel besser managten als ihre pessimistischen Kollegen, die ihre Papiere frühstmöglich wieder abstießen. Weil die Zukunftsgläubigen mehr in Innovationen, Forschung und Entwicklung investierten, wuchsen ihre Firmen schneller und verdienten deutlich besser als die der konservativen Kollegen mit ihrem zaudernden Besitzstandsdenken.

Alles amerikanischer Euphorie-Quatsch mögen jetzt die Skeptiker denken - bei den Amis ist ja selbst der größte Blödsinn immer great, phantastic und awesome. Dann nehmt das, Ihr Miesmacher: Stefano Bartolini von der Universität Siena, also ein Bewohner eines ökonomisch übel gebeutelten Landes, hat herausgefunden: Glück und Optimismus waren über eine 15-Jahres-Periode in Europa die treibende Kraft für eine starke wirtschaftliche Performance, Innovationen und harte Arbeit.

Nur die Griechen zeigten sich in der Länder-Analyse mit einem permanent hohen Pessimismus-Wert, ja fast schon einer Depression: Wo das wirtschaftlich hingeführt hat, läßt sich dieser Tage ja wieder in den Nachrichten lesen.

OK, ich gebe zu: Wir Optimisten blicken durch eine rosarote Brille. Wir unterschätzen regelmäßig die Größe und Komplexität einer Aufgabe, das hat der Neurowissenschaftler Tali Sharot vom University College in London herausgefunden. Die Pessimisten dagegen können sehr genau vorhersehen, wie anstrengend und schwierig ein Vorhaben ist. Am besten prognostizieren übrigens diejenigen, die unter einer klinischen Depression leider. Aber bekanntlich kriegen diese bedauernswerten Personen am wenigsten gebacken. Schließlich müssen sie schon morgens all ihre Kraft dafür aufwenden, um überhaupt aus dem Bett aufzustehen.

Wir hochmotivierten, fröhlichen Optimisten dagegen springen hellwach aus den Federn und packen allen Widrigkeiten zum Trotz an. Frei nach dem unvergessenen Tophit der Band Geier Sturzflug: "Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt".

Hach, was tut das gut, sich mal so richtig schön selbst zu beweihräuchern. Aber wer sich jetzt als Skeptiker so richtig mies fühlt, sollte dennoch nicht voreilig genervt weiterklicken. Denn erstens: Glückwunsch, sie gehören der überwältigenden Mehrheit an. In der westlichen Industrieländern glauben laut einer Umfrage von Pew Research 65 Prozent, das die Zukunft schlechter wird als die Gegenwart gerade ist. Und das Heute ist - so schreiben wir Journalisten wahrheitsgemäß und regelmäßig - schon grauenhaft genug.

Und zweitens: Optimismus läßt sich lernen. Deshalb jetzt auf vor den Spiegel und die Mundwinkel hochziehen. Der Körper beeinflußt den Geist - auch das weiß die Wissenschaft. Wer sich selbst lächeln sieht - und sei es noch so künstlich - der fühlt sich gleich glücklicher und optimistischer. Ja, ja, am Anfang kommt man sich noch komisch vor beim gequälten Grinsen. Aber es ist ja noch nie ein Meister von Himmel gefallen.

Ich habe auch viele Jahre gebraucht, um mein sonniges Wesen voll zu entwickeln. Deshalb Kopf hoch und weitermachen. Am Ende des Tages gewinnt nämlich derjenige, der sich nicht unterkriegen lässt von Misserfolgen, Rückschlägen oder böser Kritik. In diesem Sinne ein fröhliches Jahr 2015.

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