Peeple : Zwei von fünf Sternen für die Ex

Viel Aufregung über eine App, die es noch gar nicht gibt: Mithilfe von Peeple sollen Menschen andere bewerten können. Was kann da schon schiefgehen?
In der Serie "Community" führte eine Bewertungs-App zur Dystopie. © Screenshot/NBC

In einer Folge der US-Comedyserie Community wird eine neue App namens MeowMeowBeenz unter den Studenten vorgestellt. Sie ermöglicht, jeden und alles auf einer Skala von eins bis fünf zu bewerten, was zu ungeahnten Konsequenzen führt: Innerhalb weniger Tage bildet sich anhand der Bewertungen in der App ein neues Regime an der Hochschule, wobei die "Fünfer" eine neue Führung gründen, während die "Einser" vom Campus verbannt werden. In ihrer überdrehten Albernheit liefert die Episode eine Parabel auf die Bewertungs- und Selbstoptimierungskultur im Netz.

Es ist unklar, ob Nicole McCullough und Julia Cordray, die Erfinderinnen der App Peeple, Fans von Community sind und ob ihnen MeowMeowBeenz vielleicht als Inspiration diente. Sicher ist, dass Peeple einen ähnlichen Ansatz verfolgt. Menschen sollen andere bewerten: Kollegen, Freunde, die Nachbarn, den Babysitter. Auch frühere romantische Bekanntschaften bekommen Sterne von eins bis fünf und entsprechende Kommentare, sichtbar für alle anderen Nutzer der App. Das wird sicherlich nicht zum Umsturz der Gesellschaft führen, die Empörung im Internet ist Peeple aber schon jetzt sicher.

Denn obwohl die App erst im November starten soll, hat sie in den vergangenen Tagen bereits den kompletten Hype-Zyklus durchgemacht. Auf einen Bericht in der Washington Post folgten unzählige Artikel auf Technik- und Nachrichtenseiten, Kritik an den Berichten, ein Shitstorm auf Twitter und Facebook, Reaktionen von B-Promis, eine Erwähnung im US-Frühstücksfernsehen, verständnisvolle Meta-Analysen, und nicht zuletzt die Frage, ob Peeple nicht vielleicht nur eine Ente sei, ein Stück cleverer Performance-Kunst oder auch nur eine PR-Aktion der Erfinderin Julia Cordray, die zurzeit auch CEO zweier Unternehmen für Recruiting-Software ist.

Cordray jedenfalls ist von ihrer Idee überzeugt. Wir können schließlich bereits Restaurants, Taxifahrer, Professoren oder Ärzte im Netz bewerten und anhand dessen Entscheidungen fällen, sagt sie im Gespräch mit der Washington Post und fragt rhetorisch: "Wieso sollte man diese Art der Recherche nicht auf andere Aspekte des Lebens ausdehnen?" Geht es nach Cordray, erleichtern Bewertungen das Zusammenleben. Die Kritiker sehen in Peeple dagegen das ultimative Werkzeug für Mobbing und digitales Denunziantentum.

Die Peeple-Erfinder glauben an das Gute im Menschen

Peeple will, anders als Bewertungsplattformen wie etwa Yelp, keine anonymen Einträge zulassen. Deshalb müssen die Nutzer mindestens 21 Jahre alt sein und einen Facebook-Account haben, der mindestens seit sechs Monaten besteht. Wer eine andere Person bewertet, muss angeben, woher er sie persönlich kennt und in welcher Beziehung er zu ihr steht, also ob er sie beruflich oder privat näher kennt. Um den Bewerteten in die Datenbank aufzunehmen, muss man dessen Mobilfunknummer angeben. Die Person bekommt anschließend eine SMS mit dem Hinweis, dass sie auf Peeple hinzugefügt wurde.

Hier fangen die Probleme an – nicht nur hinsichtlich des Datenschutzes. Zum einen sammelt Peeple auf diese Art und Weise Namen und Telefonnummern, ohne die Kenntnis ihrer Besitzer. Zum anderen werden Personen praktisch gezwungen, sich ebenfalls anzumelden, um sich verteidigen zu können. Bewertungen von zwei Sternen oder darunter werden nämlich zunächst für 48 Stunden in eine Warteschleife verschoben, wo Sterne-Vergeber und Empfänger intern darüber diskutieren können. Einigen Sie sich nicht auf eine höhere Punktzahl, kann die bewertete Person zumindest einen öffentlichen Kommentar hinzufügen.

Aber kann sie unliebsame Bewertungen auch löschen lassen? Dieser Frage weichen die Erfinderinnen aus, schließlich würde es das Prinzip der kompletten App infrage stellen – am Ende blieben vermutlich nur die positiven Bewertungen übrig. Auf der Facebook-Seite heißt es: Mobbing, Sexismus und Beleidigungen verstoßen gegen die Richtlinien, ebenso wie das Bewerten von Menschen, die man nicht persönlich kennt. In diesem Fall könnten Profile auch gelöscht werden. Wie Peeple das kontrollieren und moderieren möchte, sagen die Entwickler nicht. Stattdessen verweisen sie darauf, dass die Menschen generell "wirklich gut" seien, Peeple eine "App für Positivität" sei und "der eigene Charakter das Schicksal" bestimme. Anders gesagt: Wer stets nett, pünktlich und höflich ist, hat ohnehin nichts zu befürchten.

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Kommentare

38 Kommentare Seite 1 von 7 Kommentieren

Nach 20 Jahren Internet ist die Annahme, Nutzer würden dergleichen Bewertungen mit großem wissenschaftlichen Ernst und einer erwachsenen Haltung vornehmen, also belastbare Aussagen treffen, nicht mal mehr humoristisch auszuschlachten.
Man sollte zwar meinen, dass Profis es besser wüssten, aber wenn Geheimdienste eine derartige App brauchen, um heraus finden, was auf der Hand liegt -das sie genau so gut Würfel rollen können, oder aus dem Fenster werfen- dann hat sie ja zumindest irgendeinen Zweck