Vermutlich wird man Pferde mit ganz anderen Augen sehen, wenn man BoJack Horseman kennt. Seit Kurzem kann man sich auf Netflix zwölf neue Folgen der Animationsserie ansehen, in der BoJack, halb Pferd, halb Mensch, als alternder und ziemlich orientierungsloser Serienstar die Hauptrolle spielt. Und er hat richtig Glück, dass er jetzt nur noch orientierungslos und chronisch unglücklich und nicht mehr so restlos runtergekommen und depressiv ist wie in der ersten Staffel. In der hatte BoJack seinen Zenit als Star in der abgesetzten Serie Ich glaub, mich tritt ein Pferd sichtbar überschritten. Zum Frühstück mixte er sich Karotten mit Wodka, rauchte Kette, war permanent besoffen, lüstern, labil und lethargisch und schaute sich mit seinem Mitbewohner Todd im speckigen Bademantel rund um die Uhr alte Folgen seiner Serie an. Überdies kotzte er vom Balkon seines noblen Anwesens in den Hollywood Hills ganze pinkfarbene Breiberge über L.A. BoJack Horseman verkörpert eine absurde Dreifaltigkeit: die bestechende Coolness eines Al Pacino, die resignative Schlampigkeit eines Helmut Berger und die obszöne Dreistigkeit eines Klaus Kinski.
Für die zweite Staffel hat Raphael Bob-Waksberg, der Erfinder der Serie, sein Pferd nun doch ein bisschen gestriegelt und auf Trab gebracht. Glücklicher ist es nicht geworden, aber vernünftiger und sauberer. Was BoJack Horseman so sehenswert macht, sind nicht die anthropomorphisierten Figuren – die gibt es auch in anderen Trickfilmen. Es ist die Selbstverständlichkeit, mit der Waksberg seine menschenähnlichen Tiere inmitten unserer Zivilisation auftreten lässt; der schlichte Animationsstil verstärkt diesen Eindruck nur noch mehr. Mal läuft ein miesepetriger Keiler durchs Bild, ein Schwein tritt als Arzt auf, Nachrichtensprecher ist ein Blauwal, ein Pelikan ist Barkeeper oder ein Alligator speist im Restaurant mit einer jungen Frau – alles völlig normal. Waksberg erschafft auf eine genial verrückte und kindlich verspielte Art und Weise eine neue Welt. Wozu Figuren erfinden, wenn man einfach das mischen kann, was einem die Natur bietet? Alles Skurrile ist ja schon da; man muss es nur sehen und zu kombinieren wissen. Dann kommt so ein bunter, kleiner, frecher und zuweilen sehr giftiger Zeichentrick-Cocktail wie BoJack Horseman raus, der vor allem die Film- und Fernsehwelt gehörig verspottet, aber auch den bitteren Nachgeschmack des politisch Inkorrekten auskostet.
Auch die zweite Staffel ist oftmals nichts für zarte Gemüter, und man sollte nicht auf den Gedanken verfallen, seine Kinder davorzusetzen; es sei denn, man will ihnen Wendy und Ponyhof abgewöhnen.
BoJack ist zwar freundlicher, aber nicht freundlich geworden. Nachdem die Ghostwriterin Diane erfolgreich seine Memoiren verlegt hat, ist der Hengst wieder voll im Geschäft und spielt seine Traumrolle als Rennpferd Secretariat im gleichnamigen Film, die BoJack als seine "letzte Chance auf Glück" bezeichnet. Seine Agentin ist noch immer die geschäftstüchtige pinke Perserkatze Princess Carolin, deren Schreibtisch ein Kratzbäumchen ziert, an dem eine Wollmaus baumelt. Diane ist noch immer verheiratet mit dem stets gut gelaunten Labrador Mr. Peanutbutter, der kurzfristig als Schuhverkäufer seine Show abzieht, dann aber doch noch seine wirkliche Show mit dem Titel Hollywoodstars und Berühmtheiten – Was wissen sie, wissen sie überhaupt etwas? bekommt, die von der Eule Wanda und J.D. Salinger produziert wird. Die Sendung ist eine Mischung aus Wer wird Millionär und Der große Preis.
Mit Wanda hat BoJack Horseman eine außergewöhnlich lange Beziehung und sagt sogar einmal "Ich liebe dich", bevor er zum Set geht. Manchmal schlagen die Gefühle eben aus. Wanda ist natürlich mit Scharfsichtigkeit geschlagen, lag aber 30 Jahre im Koma, kann weder mit iPad, noch mit iPhone umgehen und rät zu einer Show, in der David Copperfield die Twin Towers verschwinden lässt, was auf pikantes Schweigen stößt.
Kommentare
Ein Mensch mit Pferdekopf ist visuell einfach widerlich
Das ist genauso ein Hype wie um South Park. Ich kann das 5 min sehen, danach kotze ich mich aus und wende mich wieder wichtigen Dingen zu.
Re: Ein Mensch mit Pferdekopf ist visuell einfach widerlich
Weshalb muss Ihr "Auskotzen" ausgerechnet hier erfolgen?
Empfehlung
Wenn Sie etwas ästhetisch ansprechendes suchen, wenden Sie sich lieber den Disneyproduktionen zu. Alles sehr schön anzusehen.
Pfui Deiwel
oh nein, ein Mensch mit Pferdekopf als Zeichentrickfigur, das ist aber sowas von ekelhaft, das sowas überhaupt erlaubt ist!
Wenn Sie davon schon kotzen müssen, sollten Sie Internet und Fernsehen am besten ganz meiden.
Ansonsten noch viel Spaß beim wichtige Dinge tun. Fünf Minuten Entspannung am Tag reichen auch dicke!
Warnung !!!
Dann Vorsicht, niemals SDR schauen !!! Da gibt es auch ein sprechendes Pferd und sogar einen sprechenden Affen !!! Widerlich !!!
http://www.aeffleundpferd...
RE: Herr Becker
Ich kann ihnen nicht folgen, haben sie denn auch Argumente auf Lager?
Disney?
Ästhetisch ansprechende Disneyproduktionen? Das ging daneben.
Empfehlung von mir !
Äffle und Pferdle ... tja das trifft nicht so das Thema. Menschen sieht man dort selten, es wird in Dialekt gesendet, ist uralt und spricht absichtlich nicht den Intellektuellen an. Sie kennen das genauer?
Natürlich.
Natürlich kenne ich das genauer. Ist genau mein Niveau. Schön kurz, die Geschichten, so kapiere ich das auch und verliere nicht den Faden.
Secretariat
Der Name des Bojack Idols und seiner Rolle ist Secretariat, nicht Secretary.
Tolle Serie mit cleveren, teilweise ziemlich versteckten Witzen. Die Tiere spielen manchmal schon eine Rolle. Zum Bsp ist ja grade der Publisher ein Pinguin usw.
Und großartige Schauspieler, die hier die Stimmen leihen:
Will Arnett, Alison Brie, Lisa Kudrow, Aaron Paul oder Ben Schwartz.
Secretary/Secretariat
Vielen Dank für den Hinweis! Wir haben den Namen berichtigt.
Noch ein paar Hinweise
Inhaltlich ist der Artikel ja wirklich nett, aber nachgebessert werden sollte trotzdem noch ein bisschen:
- Bojacks Projekt "Secretariat" ist ein Film, keine Serie
- Bojacks Freundin heißt "Wanda", nicht "Wonder"
- der Schöper der Serie heißt Raphael Bob-Waksberg, nicht "Ralph-Bob Waksberg"
Da kann man mal wieder sehen
wie schlampig ZON arbeitet.
Fehler machen ist menschlich. Daher erfreuen wir uns, wenn unsere Community uns auf solche hinweist und wir diese somit berichtigen können. Die Redaktion/se
Korrektur
Herzlichen Dank für die Hinweise. Wir haben die Fehler korrigiert. Beste Grüße aus der Redaktion!
Interessanter Bericht
Die Serie klingt super.
Aber, Heike, die Sache mit den normal auftretenden Tieren lässt einen die Stirn runzeln.
Das ist doch mittlerweile völlig normal ?! Brian aus "Family Guy" ist auch ein Hund. Es ist doch schön, wenn die Aufmerksamkeit nicht auf die äußere Erscheinung, sondern auf die Gedanken, handlungen und Konversationen der Charactere fällt, oder ? Aus diesem Grund sind ja solche Sitcoms irgendwelchen Hollywood Krimskrams überlegen. Es braucht keine Topmodels oder dergleichen.
"Es ist, als gäbe es auf der Welt eine konstante Masse von Traurigkeit, die mal auf diese, mal auf jene Schultern fällt; nie aber gerecht verteilt wird."
Ähm..*Hust*..nunja. Auch bei ihnen kommt sicher noch die Erkenntnis durch, drum beschwer ich mich mal nicht und lasse ihnen in dem zitierten Satz die Illusion des Konjunktivs.
Es sei aber mal gesagt, dass es einen Grund gibt, dass so viele Leute jeden Tag mit Bier und Chips vor dem 42" Plasma ihr Leben verbringen. Oder sich irgendwie anderweitig ablenken....
Einfach mal sich nicht schämen und das Problem im Bekanntenkreis ansprechen. Da kann erstaunliches zu Tage kommen.
Was ist eigentlich mit...
Wann kommt eigentlich mal eine Kritik zu Mr. Robot?... oder wird diese Serie schlicht ignoriert so lange sie noch nicht in Deutschland angelaufen ist?
Rick and Morty halte ich im übrigen für wesentlich unterhaltsamer. Aber gut, Bojack bietet vllt mehr Schreibsubstanz.
Netter Artikel.