Anschlag "Charlie Hebdo" : Millionen Menschen demonstrieren gegen Terror

Millionen Menschen haben bei Trauermärschen in Frankreich der Toten der Pariser Attentate gedacht. Zuvor war ein Bekennervideo aufgetaucht. Die Entwicklungen des Tages
Der Trauermarsch in Paris © Eric Gaillard/Reuters

Weltweit haben sich Millionen Menschen an Trauermärschen zum Gedenken an die Opfer der Pariser Anschläge beteiligt. In ganz Frankreich gingen am Sonntag mehr als 3,7 Millionen Menschen für die 17 Todesopfer auf die Straße. Allein in Paris versammelten sich bis zu 1,6 Millionen Menschen und damit so viele wie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr.

Der Platz der Republik im Stadtzentrum war lange vor Beginn der Veranstaltung überfüllt. Demonstranten schwenkten französische Fahnen und riefen immer wieder in Sprechchören: "Vive la France" und "Wir sind Charlie". "Paris ist heute die Hauptstadt der Welt", sagte Präsident François Hollande. Das ganze Land stehe für seine Werte auf.

Aber auch andere Länder solidarisierten sich mit Frankreich. In Berlin nahmen etwa 18.000 Menschen an einer Demonstration teil. Etwa 50 Staats- und Regierungschefs kamen zu dem Trauermarsch nach Paris, darunter Kanzlerin Angela Merkel und der britische Premierminister David Cameron. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu reihte sich wenige Meter entfernt von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ein. Unterdessen gab der ungarische Regierungschef Viktor Orbán am Rande der Proteste ein Interview, in dem er laut der Nachrichtenagentur dpa gegen Migration und "Multikulti" in Europa wetterte.

Vor dem Trauermarsch hatten sich die EU-Innenminister in Paris zusammengesetzt, um über Konsequenzen aus den Anschlägen zu beraten. Das Ergebnis: Die EU-Staaten wollen den Austausch über die Reisebewegungen von Dschihadisten verbessern. Im Schengener Informationssystem soll zum Beispiel künftig eingetragen werden, wenn ein mutmaßlicher islamistischer Kämpfer aus Europa die Außengrenzen überschreitet und etwa aus Syrien und dem Irak zurückkehrt. Auch soll die Zusammenarbeit mit Ziel- und Transitländern verbessert werden, um das Abkommen zum Austausch von Fluggastdaten zwischen den EU-Ländern umzusetzen.

Am Morgen wurde im Internet ein Bekennervideo eines Attentäters veröffentlicht. Darin erklärt er, die Anschläge auf das Satireblatt Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt seien koordiniert gewesen. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt Amedy Coulibaly, noch einen weiteren Anschlag verübt zu haben. Es gebe eine Verbindung zu Schüssen auf einen 32-jährigen Jogger am Mittwochabend im Großraum Paris. Die bei diesem Anschlag gefundenen Patronenhülsen passten zu einer Tokarew-Pistole, die nach der Geiselnahme am Freitag in einem koscheren Supermarkt in Paris entdeckt worden war.

  • (22:50) Eine Bombendrohung gegen die Redaktion der belgischen Tageszeitung Le Soir am Sonntag habe sich als Fehlalarm herausgestellt, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Ein anonymer Anrufer hatte damit gedroht, dass eine Bombe in der Redaktion hochgeht. Bei einer Durchsuchung der Redaktion wurde laut Staatsanwaltschaft aber nichts Verdächtiges gefunden. Ein Verdächtiger wurde festgenommen.

  • (21:40) Trauer und Stolz auf ihre Republik vereinen Millionen Franzosen – zumindest für diesen historischen Tag. Das Vertrauen in die Zukunft wirkt hingegen brüchig, schreiben Simone Gaul und Wenke Husmann von den Trauermärschen in Paris.

  • (21:01) Mindestens 3,7 Millionen Menschen haben sich nach offiziellen Angaben in ganz Frankreich an den Trauermärschen beteiligt. Allein in der Hauptstadt Paris habe man zwischen 1,2 und 1,6 Millionen gezählt, teilte das Innenministerium mit. In Berlin sollen etwa 18.000 Menschen demonstriert haben.

  • (20:17) "Pegida, verschwinde!" Französische und frankofone Karikaturisten wehren sich mit einem Flugblatt dagegen, dass die islamfeindliche Pegida-Bewegung versucht, aus den Anschlägen von Paris Kapital zu schlagen. Sie seien empört über den in Dresden geplanten "Trauermarsch", hieß es in einem Aufruf. Pegida stehe für all das, was die Kollegen von Charlie Hebdo durch ihr Werk bekämpft hätten.

    "Wir, die französischen und frankofonen Zeichner, sind entsetzt über die Ermordung unserer Freunde. Und wir sind angewidert, dass rechte Kräfte versuchen, diese für ihre Zwecke zu instrumentalisieren", heißt es in dem Flugblatt. Eine der Karikaturen zeigt etwa eine Hyäne und einen Aasgeier, die aus dem Terroranschlag Kapital schlagen wollen. Zugleich rufen die Zeichner die Dresdner zu Weltoffenheit und Toleranz auf. "In diesem Kampf ist Dresden, wie Paris, eine symbolische Stadt."

    Wegen des Anschlags auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo haben die Pegida-Organisatoren ihre Anhänger aufgefordert, bei der Kundgebung an diesem Montag Trauerflor zu tragen.

  • (18:45) In ganz Frankreich sind nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP mehr als 3,3 Millionen Menschen auf die Straße gegangen und haben an den Trauermärschen für die Toten der Anschläge teilgenommen.

  • (17:45) Die Kollegen der Welt haben mit einem Zeichner von Charlie Hebdo gesprochen. Bernard Willem Holtrop überlebte den Anschlag am Mittwochvormittag demnach nur, weil er zu spät zur Redaktionskonferenz kam. "Als die Terrorbrüder Cherif und Saïd Kouachi in den Redaktionsräumen des Satiremagazins zwölf Menschen ermorden, saß der 73-Jährige noch im Zug Richtung Paris", heißt es in dem Text. "Seine notorische Unpünktlichkeit rettete ihm am 7. Januar das Leben. Holtrop ließ sich an diesem Morgen sogar besonders viel Zeit."

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Kommentare

472 Kommentare Seite 1 von 42 Kommentieren

re: von der Regierung organisierte Märsche

...gab es vielleicht in diesem Sinne wie Sie das darstellen in kommunistischen Staaten.

In Frankreich steht es jedoch jedem Bürger frei, ob er da mitmarschiert. Und ich finde es mutig von den Staatschefs, die heute mitmarschieren, dass sie daran teilnehmen. Dies kleinzureden ist kleinkariert.

Falls es tatsächlich noch Schläfer in Frankreich gibt, dann wäre genau dieser Trauermarsch mit seinen Staatsgästen das Ziel, das heute ins Visier genommen werden könnte.

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Im Gegenteil...

"Das mag eine gute Schlagzeile für die Presse sein - 50 Staatschefs im Abmarsch, Krisensitzung aller Innenminister in Paris - hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck beim gewöhnlichen Bürger und schon gar nicht bei den Terroristen."

Wenn die lange Liste der Staatschef und aus zweiter Reihe in erster Linie teilnehmen, dann ist das ein Signal. Besser als jeder UN-Beschluss. Ich finde es im Gegenteil der schade, dass statt Lawrow nicht Putin persönlich selber den Mut findet ein Zeichen zu setzen. Mag daran liegen, dass Putin eher mit Le Pen verbunden ist, die dazu sehr zu recht nicht eingeladen wurde.

Welchen Eindruck dies auf die Terroristen macht ist unerheblich. Es ist ein Signal der freien Welt und derer, die sich damit verbunden fühlen. Wir stehen zusammen. Vielleicht ist auch deshalb Putin selber nicht dabei, sondern "nur" Lawrow.

Fanatismus

"...wenn sich ALLE Beteiligten anschließend an einen Tisch setzen würden um zu beraten, wie man endlich an einem Strang ziehen kann, um gegen Terror und Mord vorzugehen...."

Vollkommen einverstanden.

Mit dazu gehört zwingend, dass man Fanatismus in jeder Form in keiner Weise unterstützt. Damit kommen wir dann automatisch zu den Regierungen in West wie Ost, die sich überall in der Welt Keimzellen des Fanatismus halten, um ihre Interesssen in der Welt zu sichern - in welcher Form auch immer.

Egal, ob sich der Fanatismus, Islamismus, Nationalismus nennt oder irgendein anderer Ismus ist...

...n der Reihe der Staatschefs und der zweiten Reihe, die man in Paris sieht , findet man einige, die hier mit ihrer Politik durchaus auch Brandstifter sind.

Putin fehlt, Obama fehlt. Zwei wichtige Personen und Brandstifter, die es erst möglichen könnten an einem Strang zu ziehen - in die andere als die bisherige Richtung. D'accord.

Auf mich wirkte es eher unentschlossen.

Denn eigentlich war das kein Anlaß, um einen Untergebenen zu schicken, da kommt man als Chef schon selber. Oder man läßt es halt ganz bleiben. Beim D-Day hat er ja auch nicht Lavrov geschickt, um Mißstimmungen zu vermeiden, sondern sich selbst gezeigt.

Ich unterstelle, daß Putin von den Teilen seiner Anhängerschaft, die das Attentat gut fanden - und die gibt es, das wissen Sie bestimmt auch -, nicht dort gesehen werden wollte. Ein Außenminister fällt weniger auf.

Auch Kiewanhänger sollte sich eindeutig von Terror distanzieren!

Die Antworten gehen auf den Beitrag überhaupt nicht ein.

Das Massaker von Odessa - nach mehreren Berichten über 40 Opfer - war offensichtlich genauso grausam wie mancher IS-Terrorakt.

Ein französischer Journalist recherchierte, dass der Putschpräsident Turtschinow an der Organisation des Massakers beteiligt war.

Wenn dann Poroschenko hier offensichtlich keine Aufklärung haben will frage ich mich, was er dann in Paris zu suchen hat.
Für mich ist das ein Missbrauch der Opfer von Paris.
Die Putschregierung ist Kiew hat unseren Außenminister Steinmeier sogar dazu aufgefordert, den mitgebrachten Kranz für die Opfer von Odessa nicht niederzulegen.

Wenn wir jetzt noch Millionen/Milliarden an Steuergeldern der Putschregierung von Kiew zur Verfügung stellen, muss man doch frage, ob damit nicht die Fortsetzung des Terrors gegen die eigene Bevölkerung zu finanziert wird.

Nicht nur ein Staatsmarsch

sondern das, was man in früheren Zeiten mal als "einen Türken bauen" bezeichnet hat.
Die Damen und Herren Weltenlenker versammeln sich auf einem für das normale Publikum abgesperrten Platz, bilden dort die Spitze des Demonstrationszuges (ohne Demonstrationszug), lassen sich von den willigen Photographen aus Brusthöhe ablichten, sodass man nicht merkt, dass da niemand dahinter steht. und verkaufen uns das als demonstrativen Marsch unserer Politiker durch Paris.

Nochmal den Link zur NY Daily News: http://www.nydailynews.co...

Wird übrigens nicht so recht thematisiert in unserer Presse, oder irre ich mich da?

Nun, beim zapping durch die news

habe ich den ausführlichen Bericht mit Würdigung dieser als heldenhaft eingestellten Tat bei BILD gefunde
Dort wurde auch die heldenhafte Tat eines weiteren, leider bei diesem Veruch getöteten Mannes berichtet, der eine vom Mörder abgelegte Waffe ergriff um den feigen Mörder anzugreifen.
Die Waffe war aber von dem weggelegt worden, weil sie Ladehemmung hatte.

Mögen alle Opfer in Frieden ruhen.

Sorry, meine Empfehlung galt dem zweiten Teil Ihres post

Bitte einmal her mit dem Nachweis zu Ihrer diffamierenden Tatsachenbehauptung, der e.V. wäre "antisemitisch" -

Ich habe mal in der taz einen solchen Anriss gelesen - doch mussten auch die, nachdem man dort versuchte "Muslimfeindlich" mit Antisemitismus zu vergleichen, und wollte das mit Analogien zum "Reich" und dessen Entstehung in Verbindung bringen - und musste gestehen - das geht nicht.

Außerdem: Das jüdische Leben in Deutschland war nie eine Gefahr für Deutschland, sondern eine wirkliche Bereicherung -

Sollten Sie also einen Nachweis führen können für die Tatsachenbehauptung in Ihrer Überschrift, dann bitte ich Sie, die auch einzustellen -

ansonsten wäre zumindes die falsche Behauptung, wie sonst auch üblich, zu entfernen.

Ich gehe davon aus - Beides passiert nicht.

will jemand behaupten, es gäbe keine islamistische Gefährdung in Deutschland?

deutscherinparis:

"„Ich werde nicht dafür kämpfen, den Geist von Charlie zu verteidigen, der anarcho-trotzkistischer Geist ist, der die politische Moral perfekt auflöst.“ (Sorry, schreckliches Französisch, das schwer in gutes Deutsch zu übersetzen ist.)"

Die Anteilnahme für Journalisten, die dem islamistischen Terror zum Opfer gefallen sind, weil sie von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch machten, hat nichts zu tun mit der politischen Ausrichtung von Charlie und LePen.

Frau Meiermann, lügen Sie bewusst

oder sind Sie Ihrer sogar zweimal in drei Sätzen geäußerten Worte nicht mehr mächtig?

Ich habe NICHT "hingestellt" geschrieben, das steht bei Ihnen jetzt zum ersten Mal -

Ich habe, wie Sie im ersten Kommentar richtig - zweimal richtig - schrieben

"eingestellt" geschrieben

"als heldenhafte Tat EINGESTELLT" - nämlich von BILD in den news.

Wollen Sie mich offen diffamieren als "infam"?

Französisch

Es ist eigentlich nicht das wesentliche Thema (ich hatte Le Pens schlechtes Französisch nur erwâhnt, um mich für das schlechte Deutsch meiner Übersetzung zu entschuldigen), aber finden Sie tatsächlich z.B. "...parfaitement dissolvant de la moralité politique" ganz normales Französisch?

Die politische Moral können Sie im Französischen genau so wenig "perfekt auflösen", wie im Deutschen.