Mahnwache : "Wir alle zeigen Gesicht!"

Juden, Christen und Muslime sagen nach den Paris-Attentaten gemeinsam Nein zu Gewalt: In Berlin kamen Tausende Menschen zu einer Mahnwache am Brandenburger Tor zusammen.

10.000 Menschen sind dem Aufruf des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) und der Türkischen Gemeinde Berlin gefolgt: Vor dem Brandenburger Tor haben sie sich versammelt, bei der zentralen Mahnwache für ein "weltoffenes und tolerantes Deutschland und für Meinungs- und Religionsfreiheit". Spitzenpolitiker und zahlreiche Vertreter der Zivilgesellschaft waren vor Ort, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bundespräsident Joachim Gauck hielt eine kurze Ansprache, ebenso wie der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Abraham Lehrer sowie Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime.

Lehrer rief die gesamte Welt, vor allem aber die Muslime selbst dazu auf, gegen islamistischen Terrorismus vorzugehen. "Die Islamisten wollen unsere freiheitlichen westlichen Demokratien treffen und sie wollen die Juden vernichten." Dem Zentralrat liege es fern, "alle Muslime zu verdächtigen oder gar diese Religion zu verunglimpfen". Doch muslimische Staatschefs und Imame müssten ihren Einfluss nutzen, um die radikalisierte Auslegung des Korans zurückzudrängen.

Mazyek brachte seine Tiefe Trauer über die Anschläge von Paris zum Ausdruck und sagte dem islamistischen Terrorismus den Kampf an. Die Muslime in Deutschland ständen unter dem "Schock der brutalen Terroranschläge" und zeigten ihre Solidarität mit dem französischen Volk, sagte Mazyek. Trotz aller Kritik am Inhalt der Satirezeitschrift Charlie Hebdo und deren Mohammed-Karikaturen: "Heute sagen wir 'Je suis Charlie' und sagen auch 'Je suis Ahmed' und 'Je suis Juif'."

Bundespräsident Gauck rief alle Menschen in Deutschland unabhängig von Religion und Herkunft zum Einsatz für Demokratie und Weltoffenheit auf. "Wir alle sind Deutschland", sagte er. "Wir schenken Euch nicht unsere Angst. Euer Hass ist unser Ansporn", sagte Gauck nach den islamistischen Attentaten in Paris mit 17 Toten an die Adresse von Terroristen und Fanatikern gerichtet. Gauck bezog sich dabei auf Sätze, die er zu Beginn seiner Amtszeit den Rechtsextremisten zugerufen hatte. "Der Terror ist international, aber das Bündnis der Freien und Friedfertigen ist es erst recht. Die Welt rückt zusammen."

"Wir stellen uns jeder Art von Dämonisierung und Ausgrenzung entgegen"

Das Staatsoberhaupt dankte allen Muslimen, die sich vom Terror im Namen des Islam distanzierten. "Das ist ein patriotisches 'Ja' zu dem Land, im dem wir gemeinsam leben – zu unserem Land", sagte Gauck. Die übergroße Mehrheit der Muslime fühle sich der offenen Gesellschaft zugehörig "und ist bereit, dafür einzutreten". 

Zugleich verurteilte Gauck die mehr als 550 jungen Männer und Frauen, die aus Deutschland im Namen des Islam als Kämpfer für die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) nach Syrien und in den Irak gezogen sind. "Was für ein Missbrauch. Was für eine Pervertierung von Religion."

Mahnwache erinnert an Pariser Anschläge Die Spitzen von Politik und Religionen haben in Berlin bei einer Mahnwache zum Zusammenhalt gegen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit aufgerufen. Die Terroristen in Paris wollten spalten, hätten aber das Gegenteil erreicht, sagte Präsident Gauck.

Ohne die Anti-Islam-Bewegung Pegida ("Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes") beim Namen zu nennen, sagte Gauck: "Wir stellen uns jeder Art von Dämonisierung und Ausgrenzung entgegen." Er würdigte die Menschen, die sich bei den Gegendemonstrationen zu Pegida gegen Fremdenfeindlichkeit und für eine offene Gesellschaft stark machen. "Wir alle zeigen Gesicht!" 

"Es ist unser aller Sache"

Angesichts der Brandanschläge auf Moscheen und von antisemitischen Parolen in Deutschland rief Gauck alle Bürger zu Solidarität auf. Es sei nicht allein Sache der Muslime und der Juden, sich dagegen zu wehren, "es ist unser aller Sache". Zugleich kritisierte er: "Die Distanz zwischen Einwanderern und Einheimischen, die Distanz auch zwischen Eingewanderten unterschiedlicher Herkunft wird noch zu selten überwunden."

Die Attentate von Paris hätten gezeigt, wie verwundbar die offene Gesellschaft ist. Sie hätten aber eine Neubesinnung bewirkt. "Die Terroristen wollten uns spalten. Erreicht haben sie das Gegenteil. Sie haben uns zusammengeführt." Freiheit und Menschenrechte seien nicht nur westlich, sondern universell. Der Gegenentwurf zum Fundamentalismus der islamistischen Gewalttäter laute: "Demokratie, Achtung des Rechts, Respekt voreinander, Wahrung der Menschenwürde. Das ist unsere Lebensform!"

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Kommentare

387 Kommentare Seite 1 von 42 Kommentieren

Politiker werdet aktiv

Liebe Politiker, unterstützt die muslimischen Verbände, dass deren „Neubürger“, intensiv in unseren Gemeinschaften vor Ort mitzuwirken!
Kennenlernbeispiele:
Mitgliedschaft z.B. in gemischten Chören und Musikgruppen für unser Musikverständnis.
Mitgliedschaft z.B. im Alpenverein, BN, Obst und Gartenbau Verein, freiwilliger Feuerwehr, für unser Verständnis zu Umwelt und Natur.
Aktive Teilnahme z.B. an Veranstaltungen wie „Kerwa“, Sternsinger, Altstadtfest oder Umzügen, usw.. für unser Verständnis zu Traditionen .
Mitgliedschaft z.B. in Leichtathletik- Schwimm- und Turnvereinen für unser Verständnis zu Fitness und Gesundheit
„Neubürger“ und „Ortsansässige“ lernen so das jeweilige „Denken“, die „Sitten und Gebräuche“, den Umgang mit unterschiedlichen Geschlechtern, Religionen und Nationalitäten kennen und wertschätzen.
Politiker, startet solche Initiativen! „Pegida“ wird dann verschwinden!
Vorurteile werden abgebaut, Parallelgesellschaften verhindert, Integration unterstützt.

Liebe Foristen: Wer der Meinung ist, dies ist ein guter Weg, verteilt diesen Aufruf!

Lieber Tempus

Die aufgezeigten Vereine.... sind ein kleines Spektrum des Vereinslebens und Aktivitäten in unserem Land. Eines oder zwei passen vielleicht nur zu Marxloh.. andere wo Anders. Überprüfen Sie aber bitte, was es für einen intergrationswilligen muslimischen Mitbürger bedeuten würde, in einem der aufgezeigten Aktivitäten mitzuwirken. Sie werden feststellen, eine Intergration von Muslimen in die meisten Gemeinschaften bei uns ist nicht so einfach.

Liebe Grüße

Vorsichtig mit solchen Beleidigungen, SE!

Der Marsch der 1,5 Millionen Menschen in Paris war echt. Und eine wirklich überzeugende Demonstration.

Fake war die erste Reihe mit Hollande, Merkel und einigen anderen, die uns unsere Presse verkaufen wollte.
Die Fotos wurden auf einem abgesperrten Platz gemacht, die Damen und Herren haben sich nach dem Shooting wieder in ihre Limousinen gesetzt, nur der französischen Präsident musste noch an die Front.

Zu Ihren Bouvevardblättern: http://www.nydailynews.co...

Was mich ärgert: dieser Türke ist all den Fotographen wohlbekannt gewesen, trotzdem versuchen sie, uns Lesern das als die Spitze des Demonstrationszuges zu verkaufen.

Ich werde mir das merken.

Jajajaja

Statt amerikanischen Käseblättchen, hallte ich mich lieber an die Livenachrichten der französischen Presse, die direkt vor Ort war:

15h25: Le cortège vient de partir. Un premier groupe, en rang d’oignon, est constitué des «Charlie»: Coco, Luz, Patrick Pelloux... Ils sont bras dessus bras dessous. Derrière eux, les familles des victimes. Dix mètres plus loin, un autre groupe, les patrons de presse. Cinquante mètres plus loin, les chefs d’État.

Oh nein! Die Staatschefs marschierten doch tatsächlich hinter Charlie-Hebdo-Mitarbeitern und Familien der Opfer!

http://www.franceinfo.fr/...