Anschlag "Charlie Hebdo" : Leipzig verbietet Legida Mohammed-Karikaturen

Satirische Bilder des Propheten könnten als Provokation aufgefasst werden, fürchtet die Versammlungsbehörde in Leipzig. An der Demonstrationsauflage gibt es Kritik.
Mohammed-Karikatur des Magazins "Charlie Hebdo", gezeigt auf einer Demonstration am Sonntag in Paris © Emeric Fohlen/dpa Picture-Alliance

Die Stadt Leipzig hat für eine am heutigen Montag dort angesetzte Demonstration von Islamgegnern das Zeigen von Mohammed-Karikaturen verboten. Im Lichte des Terrors von Paris entschied die Versammlungsbehörde, dass die Teilnehmer solche Zeichnungen nicht zeigen dürften. "Nach Paris muss man davon ausgehen, dass die Mohammed-Karikaturen eine Provokation sind", sagte ein Stadtsprecher der Deutschen Presse-Agentur. Ziel sei ein friedlicher Verlauf der Demonstration. Für die anderen Versammlungen gebe es aber keine solche Auflage.

Die Verwaltung hatte die am 7. Januar dem Anmelder der Legida-Demonstration übermittelte Liste von Auflagen am Folgetag um dieses Verbot ergänzt. Demnach sind "das Zeigen sogenannter Mohammed-Karikaturen sowie anderer den Islam oder andere Religionen beschimpfender oder böswillig verunglimpfender Plakate, Transparente, Banner" untersagt. Der Stadtsprecher legte Wert auf die Feststellung, dass nicht die Verwaltung das Verbot auferlegt habe. Der Veranstalter und das Ordnungsamt hätten dies im "gegenseitigen Einvernehmen" getan, um einen friedlichen Verlauf zu gewährleisten. Das Schreiben erging aber mit Briefkopf des Oberbürgermeisters.

FDP-Stadtrat René Hobusch kritisierte das Verbot als Zensur und unzulässige Einschränkung der freien Meinungsäußerung. Diese gelte auch für "Kritiker und Feinde unserer offenen und liberalen Gesellschaft", sagte er. Leipzig rechnet mit 6.000 bis 10.000 Teilnehmern bei Legida.

Europaweit wächst der Widerstand gegen die Demonstrationen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und CSU-Chef Horst Seehofer forderten die Organisatoren auf, die für den heutigen Montag in vielen Städten geplanten Veranstaltungen abzusagen und die Opfer von Frankreich nicht zu instrumentalisieren. Die Spitze der Bewegung in Dresden hatte dazu aufgerufen, Trauerflor zu tragen für die Opfer der Mordanschläge in Frankreich.   

Maas sagte der Bild, jeder habe das Recht zu demonstrieren. "Aber: Wie heuchlerisch ist das denn? In Dresden wollen Menschen mit Trauerflor am Arm eben jener Opfer in Paris gedenken, die sie vor einer Woche noch als Lügenpresse beschimpft haben." Es sei einfach "nur widerlich, wie die Hintermänner dieser Demos das abscheuliche Verbrechen von Paris jetzt ausschlachten wollen". Hätten die Organisatoren einen Rest von Anstand, würden sie diese Demonstrationen einfach absagen.   

Das Pegida-Dilemma

CSU-Chef Horst Seehofer forderte, dass Pegida jetzt, "wo die ganze Welt trauert und schockiert ist über die Vorgänge in Paris, auf absehbare Zeit ihre Demonstrationen absagt", sagte er in der ARD. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte der Bewegung vorgeworfen, die Terroranschläge von Paris politisch zu missbrauchen.

Pegida steckt mit ihrem Trauer-Aufruf in einem Dilemma: Einerseits dürften sich die Anhänger in ihrer Warnung vor dem Islam bestätigt fühlen, denn die Täter von Frankreich waren Islamisten. Andererseits solidarisiert sich Pegida jetzt mit Journalisten – deren Arbeit sie permanent als "Lügenpresse" verunglimpfen.  

Französische und frankofone Karikaturisten veröffentlichten am Sonntag ein Flugblatt mit dem Titel "Pegida, verschwinde!". "Wir lehnen es ab, dass Pegida das Gedenken an unsere Kollegen vereinnahmen will", sagte ein Mitorganisator der Deutschen Presse-Agentur. Pegida stehe für all das, was die ermordeten Kollegen der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo durch ihr Werk bekämpft hätten. 

35.000 in Dresden

Pegida macht seit Wochen gegen die angebliche Islamisierung Deutschlands durch Einwanderer mobil. 

Am vergangenen Montag hatten in vielen großen Städten Deutschlands Tausende Menschen für und gegen Pegida demonstriert. In Dresden kam eine Rekordzahl von 18.000 Anhängern zusammen. In Berlin und Köln bewegten sich die Pegida-Demonstrationen keinen Meter vom Fleck, weil Gegendemonstranten im Weg standen. Das Licht am Brandenburger Tor und am Kölner Dom wurde aus Protest ausgeschaltet. 

Am Samstag versammelten sich etwa 35.000 Menschen vor der Frauenkirche, um für Weltoffenheit und Toleranz zu demonstrieren. Auch diesen Montag sind in vielen anderen Städten Aktionen gegen Pegida geplant. Dabei werden die Teilnehmer auch dagegen protestieren, Terror islamistischer Extremisten gegen Zuwanderer und gegen den Islam zu instrumentalisieren. Anti-Pegida-Demos sind unter anderem in Hannover, Düsseldorf, Schwerin, Hamburg, München und Berlin angekündigt. Für den 13. Januar rufen Muslime in Deutschland zu einer Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin auf.

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Kommentare

456 Kommentare Seite 1 von 55 Kommentieren

Reine Machtfrage

Die arabischen Staaten sind fraglos von westlicher Technik abhängig. Aber sie könnten diese Technik in D oder aber in F oder USA einkaufen, oder wenn nicht gleich in China. Insofern könnte das Zeigen der Mohammed Karikaturen einen wirtschaftspolitischen Aspekt haben.
Eventuelle wirtschaftliche Folgen sind bei den ganzen Argumenten gegen das Zeigen der (geschmacklosen) Figuren der einzige - allerdings nicht besonders wichtige - Argumentationsstrang, der nicht zu inneren Widersprüchen führt.
Alle anderen Argumente führen zu inneren Widersprüchen. Wer darf das Symbol Charlie Hebdo für sich instrumentalisieren und wer darf es nicht. Das ist keine Frage der Argumente , sondern eine rein medial-politische Machtfrage.

Wirtschaftspolitische Aspekte

"Sollen Araber doch verärgert sein. Sie kaufen es trotzden."

Wenn z.B. die Gross-Bestellung von Verkehrsflugzeugen von Airbus zu Boeing wandert, hat Airbus ein Problem. Und nicht nur Airbus, sondern auch die Zulieferer.
Und das liesse sich auf viele Branchen - z.B. im Bereich des Schiffbaus - ausdehnen. Und dort gibt es Konkurrenz im Fernen Osten.
Hinzu kommen Umsätze an den internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland - und da nicht nur im Personen- sondern vor allem im Frachtverkehr.
Und eines ist bemerkeswert: sobald nachteilige wirtschaftspolitische Aspekte zu befürchten sind, drehen Behörden und Politik sofort bei den *GIDAS und hogeSAs die Daumenschrauben spürbar an. Da versteht man dann keinen Spass und schlägt ganz offensichtlich Töne an, die so unmissverständlich sind, dass sie selbst die Honks verstehen und ganz kleinlaut kuschen.

Das ist eine glasklare Angelegenheit

Entweder stimmt der Veranstalter der Anweisung, keine Bilder zu zeigen zu - oder es gibt ein Verbot der Veranstaltung.

Vor Gericht hätte das Demonstrationsverbot Bestand gehabt, denn angesichts der Anschläge in Paris hätte die erlaubniserteildende Behörde mit dem Aspekt "Gefahr im Verzug" argumentieren können. Und das wird wohl auch der LEGIDA vertretende Anwalt so gesehen und den Veranstaltern so deutlich gemacht haben.

Je nun.

wie man's sieht. Ich bin so frei, mir meine Meinung über Zeitungen und ihre Beiträge selbst zu machen. Ich fand z. B., dass die Ukraineberichterstattung der deutschen Medien lange Zeit einen wenig freien, aber dafür sehr einseitigen Eindruck machte. Wird aber seit einigen Monaten deutlich besser. Insbesondere bei der Zeit. Kommentare und Meinungen sind als solche eindeutig gekennzeichnet - war nicht immer so - und Faktenberichte sind wieder ausgewogen. Herrn Joffes Beiträge z. B. sind immer noch die eines überzeugten Transatlantikers, aber das ergibt sich nicht (mehr) aus der Faktenauswahl, oder steht zwischen den Zeilen, sondern steht obendrüber, offen, wie sich das gehört für eine seriöse Zeitung. Ich debattiere gern, lasse mich aber ungern manipulieren. Wer sich, wie PEGIDA, schon wegen des Vorhandenseins des Islam in Deutschland vor einer Islamisierung seiner eigenen, angeblich doch überlegenen, Kultur fürchtet, der müsste verstehen, dass Muslime ihre Religion in toto nicht lächerlich gemacht und beschimpft sehen wollen. Ich darf in Deutschland, Gott sei Dank, nicht den einen Menschen verunglimpfen, weil sein Bruder oder Cousin ein waffenschwingender Mörder ist. Ich kann nicht die Abschaffung einer Kirche erzwingen, weil in Irland auf Kinder Steine fliegen. Und, dem Himmel sei Dank, wir schließen keine Synagogen, weil in Israel die Friedenspolitik all die Toten Israel/Palästinas nicht verhindert. Ich weiß nicht, was Herr Jauch davon hält, und es ist mir auch egal.

Interessen der Konzerne

Wenn sie hier davon sprechen, durch das Zeigen der Karikaturen könnten die Umsatzzahlen der deutschen Konzerne im arabischen Raum einbrechen, dann interessiert dieses Argument wenig. Eine Gesellschaft lebt vom Mittelstand. Er bringt die Arbeitsleistung, er zahlt die Steuern und er schafft die Arbeitsplätze. Und genau dieser Mittelstand wird seit Jahren ausgeblutet. Die Politik der letzten Jahre, der Euro, seine Rettung und die EU als Konstrukt dienen in der Hauptsache den Konzernen und der Hochfinanz. Insofern ist ihr Argument uninteressant.

Der Mittelstand ist wiederum von den Konzernen abhängig

...vor allem im Bereich der Zulieferer. Aber auch viele mittelständische Unternehmen im Hochtechnologie-Sektor exportieren in diese Länder. Eine einfache Lösung, wie sie gerne versprochen wird, gibt es da nicht. Das ist nun einmal so in einer Welt der globalen Handelsströme und der globalen Verflechtungen im Bereich der Wirtschaft. Man muss sich stets darüber klar sein, welche Konsequenzen und Gefahren bestimmte Handlungen auf einem ganz anderen Politikfeld haben bzw. haben können. Das gilt es abzuwägen.

Ein Staat funktioniert nur so lange...

...wie dort etwas erwirtschaftet wird bzw. werden kann.

Was mich stört, ist diese Opfer-Haltung, die manche an den Tag legen. Eine Haltung,mit der man sich dann später auch wieder raus zu reden versucht: nichts geahnt, nichts gewollt, man wäre über den Tisch gezogen worden, man wusste ja nicht, was das für Leute sind, man habe die Konsequenzen nicht erkannt, man habe mitmachen müssen.

Und das gerne angeführte "Argument", es gäbe in Deutschland keine Meinungsfreiheit - nun, das ist ja wohl ein Witz. Hier wird niemand für die Äusserung seiner Meinung eingesperrt. Die Grenzen der Meinungsfreiheit sind hier sehr weit gefasst. Es gibt Länder, wie z.B. Weissrussland, Nordkorea, Saudi-Arabien, Eritrea etc., in denen das ganz anders aussieht

Das ist der Unterschied

zwischen Sonntag und Alltag. Für den Duetschen Vizekanzler war bereits gestern in Paris als ihm ein deutsches Mikrofon vorgehalten wurde schon wieder Alltag. Mit Blick auf PEGIDA äusserte er, dass „Gewalt und manchmal eben auch sprachliche Gewalt“ sicher das Letzte sei, was wir hier brauchen. Ich bin gegen das Ausgrenzungsszenario, das PEGIDA isch immer mehr zu eigen macht. Herrn Gabriels Äusserung ist jedoch genau jener Relativismus, der für jeden halbwegs intelligenten Menschen eine Beleidigung ist und deshalb so viele Menschen degouttiert. Sollen wir nun auch denken müssen, dass die Karikaturen "zeichnerische Gewalt" waren?

Die Kommentatoren brauchen Hilfe ...

Danke geben sie die Hilfestellung. Was bisher von Seiten der Medien kam war Diffamierung.
Schauen sie sich die Grundsätze/Thesen von Pegida an, allesamt nicht hetzerisch und eigentlich sofort umzusetzen mit einem gewissen Willen, aber man will nicht., das einzige was man kann ist selbst gegen diese Menschen, nein nicht Menschen das sind ja allesamt Nazis, hetzen.
Man will nicht nur vorschreiben, NEIN man schreibt vor, eine eigene Meinung ist unerwünscht..
Da stehen Forderungen die heute in verschärfter Form wieder von den "Führern" die "Hand in Hand" an "vorderster Front" ""zusammen gemeinsam" "gegen Fremdenhass" in Paris gelaufen sind und kurz nach dem Anschlag gesagt haben, der war nicht "islamistisch" und man sollte keine Panik machen. Ja was machen die denn jetzt?
Keine Panik sieht anders aus.

Ach Gott, das "Positionspapier"

Das ist nicht einmal ansatzweise das Papier wert, auf dem es gedruckt wurde.

Auf Blue News haben die Organisatoren in einem autorisierten Interview klar und deutlich gemacht, dass NICHT die Sorge über eine angeblich bestehende "Islamisierung des Abendlandes" der Beweggrund für die Gründung von PEGIDA war.

Bei den Organisatoren war man besorgt, die PKK könne im Kampf gegen den IS mit Waffen ausgerüstet werden.

blu-news.org/2015/01/11/pegida-gruender-im-blu-news-interview/