Paris : Attentat auf Frankreichs Fundament

Schon vor dem Anschlag auf "Charlie Hebdo" wurde in Frankreich über Islamisten und Islamfeinde gestritten. Nun wächst die Sorge vor größeren religiösen Spannungen.
Französische Soldaten patrouillieren vor dem Eiffelturm © Joel Saget/AFP/Getty Images

"Allahu Akbar" hört man einen Mann rufen. "Gott ist groß." Es folgen eine gewaltige Detonation, wieder eine Gottesanrufung und zahlreiche Schüsse aus automatischen Waffen. Die zufällig entstandene Tonaufnahme lässt den Radiohörer zusammenzucken. Sie verdeutlicht die ganze Brutalität des Attentats gegen das französische Satiremagazin Charlie Hebdo am Mittwochvormittag.  

Mindestens zwölf Menschen wurden getötet, es gibt mehrere Schwerverletzte. Staatschef François Hollande, der zum Tatort eilte und gleich im Anschluss eine Krisensitzung einberief, sprach von einem "barbarischen Akt", der sich gegen die Republik selbst richte. Doch es ist nicht nur das: Das blutigste Attentat in Frankreich seit Jahrzehnten wird das friedliche Zusammenleben verschiedener Religionen in einem laizistischen Staat auf den Prüfstand stellen. 

Im Großraum Paris gilt seit dem Mittag der höchste Terroralarm. Noch sind die Hintergründe des Attentats nicht komplett geklärt. Die Satire-Redaktion wurde seit Veröffentlichung erster Mohammed-Karikaturen 2006 von der Polizei bewacht. Als hätte er es geahnt, lässt Chefredakteur Stéphane Charbonnier in der aktuellen Ausgabe einen islamischen Dschihadisten in einer Karikatur sagen: "Was, noch immer keine Attentate in Frankreich? Wartet nur ab. Neujahrsgrüße kann man bis Ende Januar abgeben." Charb, wie ihn alle nannten, ist unter den Toten, wie auch viele weitere Mitarbeiter des Magazins, die sich am Mittwochvormittag zur wöchentlichen Redaktionskonferenz trafen.     

Polizei auf der Suche nach den Attentätern Drei maskierte Männer haben in der Redaktion des Satireblatts "Charlie Hebdo" zehn Menschen erschossen. Außerdem töteten sie zwei Polizisten.

Franzosen als Angriffsziel von Islamisten

Frankreich verzeichnet seit Jahren eine erhöhte Anschlagsgefahr und wappnet sich dagegen. An Soldaten, die mit Gewehren im Anschlag an Bahnhöfen und Flughäfen patrouillieren, haben sich die Reisenden längst gewöhnt. Die Einsätze der französischen Armee in Afghanistan und in Nordafrika, zuletzt gegen radikale Islamisten in Mali, machten das Land immer wieder zum potenziellen Ziel von Attentätern. Französische Journalisten, Ärzte, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und solche einer Gasbohrstation starben in Syrien, Libyen und Algerien oder wurden in Geiselhaft genommen. Erst im September enthaupteten Mitglieder der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) einen französischen Touristen in Algerien.

Auch der seit Jahrzehnten in Nahost ausgetragene Konflikt zwischen Juden und Muslimen führt in Frankreich immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Frankreich hat die größte muslimische und jüdische Bevölkerung aller westeuropäischen Staaten. Protesten gegen die israelische Offensive im Gazastreifen folgten im vergangenen Sommer Krawalle insbesondere in Pariser Vororten, wo zahlreiche Einwanderer aus muslimischen Staaten leben. 2012 tötete ein junger Muslim bei einem Attentat auf eine jüdische Schule in Toulouse drei Kinder und einen Religionslehrer.  

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Kommentare

343 Kommentare Seite 1 von 33 Kommentieren

@Thomas Base: "Wie wäre es, wenn Deutschland seine Bürger

schützt und die hiesigen Rückkehrer in Haft steckt oder ausweist?!"
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Dan hätten die "irren" doch gewonnen!
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Sie stört doch nicht die paar Christen, sondern das freie, liberale, demokratische Model in das die eigenen Schafe wohl abhauen würden, bzw, das die dann auch gut finden.
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Grosse Schritte sind doch schon getan..... mal den Rechte- und Freiheitsabbau der letzten 10 Jahren überlegt?
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Keine gute Idde von dir!
Sikasuu
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Ps. Der Stacheldraht zw. dir und dem Rest kann dein Schutz oder dein Gefängniss sein. Musst fein Aufpassen:-(((

"Es ging im Ursprungskommentar um Muslime und Juden IN

FRANKREICH, nicht um den Nahostkonflikt."

Da lesen Sie besser den Kommentar nochmal, auf den ich geantwortet habe. Da zitiert der Forist lang und breit die "Offensive im Gazastreifen" aus dem Artikel.

Weil ich vermute, dass Sie auch das verschusseln, und wieder eine Ungerechtigkeit gegen Juden vermuten, hier der Link: http://www.zeit.de/politi...

Dass der Forist das anders intendierte, war mir schon klar, drum habe ich überhaupt darauf geantwortet. Die Fehltritte der Favoriten schätzen eben viele ganz anders ein als die ihre Hassfiguren. Drum gibt es so viel falsche Parteilichkeit auf dieser Welt. Leider, leider.

"Gaza? Wo bitte? Wann bitte?"

Sie haben den Artikel zitiert. Ich zitiere erneut:

"Frankreich hat die größte muslimische und jüdische Bevölkerung aller westeuropäischen Staaten. Protesten gegen die israelische Offensive im Gazastreifen folgten im vergangenen Sommer Krawalle insbesondere in Pariser Vororten, wo zahlreiche Einwanderer aus muslimischen Staaten leben. 2012 tötete ein junger Muslim bei einem Attentat auf eine jüdische Schule in Toulouse drei Kinder und einen Religionslehrer."

Und bitte, ersparen Sie ihren Mitforisten zukünftig Ihr gossiges "Häh". Ihre selbstvergessenen Kommentare sind schon ohne beredt genug.

Häh = wie bitte. Ganz höflich in Hessen, nicht gossig.

Gehen Sie eins zurück auf #163. Ihnen fehlt irgendwie der Blick für Zusammenhänge.

Und das "Häh" ist nicht gossig. Das habe ich in Frankfurt gelernt, als ich mich dort gezwungermasse mal etwas länger aufhalten musste; heisst nach gängiger Übersetzung "wie bitte" und wird auch ganz allgemein verwendet, besonders in Sachsenhausen nach dem dritten Apfelwein.

Jetzt brauche ich allerdings Ihre Hilfe. Was bedeutet "selbstvergessenen Kommentare"?

Ich vermute mal, dass Sie solche Kommentare meinen, die nicht in Ihr Meinungsprektrum, das schmale, passen. Aber ich kann mich auch irren. Danke.

Menschenrechtliche Bälle jonglieren.

Ja, da muss man schon mehrere menschenrechtliche Bälle gleichzeitig in der Luft halten, wenn man nämlich
1. Israel als Staat befürwortet
2. Die Juden als ein bedrohtes Volk sieht, dass sich stets nach Fluchtmöglichkeiten umsehen muss
3. Die Anwesenheit des Islam in Europa befürwortet und
4. Den in der muslimischen Bevölkerung stark verbreiteten primitiven Antisemitismus verurteilt.
Da fällt manchmal ein Ball zu Boden und dann wird man gerügt von gestrengen Moderatoren.

Unvollständige Aufzählung ...

Zitat: "Die Meinungsfreiheit ist schon von seiten der Regierung, der Kirchen, der Links-Grün-Presse unter Dauerbeschuss..."

... die Judenpresse und die Illuminaten-Verschwörung haben Sie in Ihrer Aufzählung vergessen, oder gar absichtlich ausgelassen? Aber wieso denn?

Bin auch erstaunt, dass Sie solchen Unsinn ausgerechnet hier bei der ZEIT - also einem der wichtigsten Vertreter Links-Grün-Presse veröffentlichen. Aber vielleicht bedeutet Meinungsfreiheit für Sie hauptsächlich die "Freiheit der eigenen Meinung". Ach, George Berkeley hatte recht: "Few men think; yet all will have opinions"