Sonntag, 17. Januar 2016

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Warum Frauen für die gleichen Produkte mehr bezahlen Bitte einen BMW in Pink

Shopping in rosarot: Auch beim Einkaufen werden weibliche Kunden benachteiligt

Geahnt habe ich es ja schon immer. Nur weil sie mit dem falschen Genmaterial ausgestattet sind, werden Frauen aber auch wirklich in allen erdenklichen Lebenslagen benachteiligt. Ich will hier gar nicht auf so unersprießliche wie weidlich bekannte und als völlig normal akzeptierte Dinge eingehen wie Schönheitswahn, Diät-Irrsinn oder Faltenterror.

Auch unerfreuliche Themen wie ungerechtfertigte Unterschiede beim Gehalt - im Schnitt sind es hierzulande rund 20 Prozent weniger für die absolut gleiche Tätigkeit - oder schlechtere Karrierechancen sollen heute wie gewöhnlich totgeschwiegen werden. Obwohl - es wurmt mich noch immer, dass mir bislang trotz meiner öffentlichen Bewerbung an dieser Stelle noch kein einziger Aufsichtsratsposten angeboten wurde. Und das trotz Frauenquote staatlicher- und Höchstqualifikation meinerseits. Aber Schwamm drüber.

Eva Müller
manager magazin
Eva Müller
Heute soll ein Tatbestand zur Sprache kommen, der selbst die Damen aufregen sollte, die sich mit all den oben genannten Widrigkeiten lächelnd arrangiert haben. Die Herren dürfen sogar verschmitzt in sich hinein kichern, so abstrus zeigt sich die Realität. Denn Frauen ziehen sogar dort, wo sie über absolute Kernkompetenzen verfügen, die A...karte - beim Shopping! Frauen müssen für die gleichen Produkte mehr bezahlen als Männer.

Und wir reden hier jetzt nicht darüber, dass ein perlenbesticktes Abendkleid, an dem fleissige und unterbezahlte Mädchenhände tagelang gestichelt haben, mehr kostet als ein gewöhnlicher Smoking.

Beobachten lässt sich die himmelschreiende Ungerechtigkeit an sehr viel profaneren Orten als Edelboutiquen und Designerstores. In Drogeriemärkten, Friseursalons oder Wäschereien zum Beispiel.

Wucher bei der Faltencreme

Nehmen wir etwa ein Cent-Produkt wie den Einwegrasierer. Der kostet in der schwarzen Variante für das männliche Kinn 19 Cent weniger als der pinkfarbene Produkt für das weibliche Pendant. Der für den Unterschenkel wie für das Gesicht in exakt gleicher chemischer Zusammenstellung produzierte Damen-Rasierschaum schlägt übrigens mit 24 Cent mehr zu Buche.

Faltencreme für den Herrn: 9 Euro. Das in seinen Bestandteilen 100 Prozent identische Produkt für Damen 23 Euro. Ein Hemd in der Reinigung waschen und bügeln lassen: 1,80 Euro. Eine Bluse: 3,70 Euro. Einziger Unterschied zwischen den Produkten - die Köpfe auf der jeweils anderen Seite. Beim Friseur zahlen die Herren für den Schnitt ab 9 Euro. Die Damen müssen mindestens 29 Euro hinlegen. Dabei haben Männlein und Weiblein von ihrer natürlichen Grundanlage aus gleich viele Haare auf dem Kopf - zumindest solange die Herren überhaupt noch welche dort vorfinden.

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Jeden Freitag eröffnen Autoren aus der Print- und Onlineredaktion von manager magazin einen anderen Blickwinkel auf das Wirtschaftsgeschehen: Weniger kursrelevant, aber am Ende des Tages umso unterhaltsamer.
Aber die geminderte männliche Haarpracht irgendwie so zu stutzen, dass sie nach mehr aussieht, dauert ohnehin länger als die üppigen weiblichen Locken um den üblichen Zentimeter alle sechs Wochen zu kürzen. Das jedenfalls verriet mir der Haarkünstler meines Vertrauens - allerdings nur unter dem Siegel der absoluten Verschwiegenheit.

Die Kenntnisse über diese haarsträubenden Unterschiede sind nicht etwa Ergebnis individuellen samstag-vormittäglichen Einkaufens oder meines jüngsten Friseurbesuchs. Nein, sie wurden wissenschaftlich in den USA erhoben.

Gender Pricing nennen sie es dort, wenn clevere Marketingstrategen rausholen, was eben rauszuholen ist aus der Konsumentin. Denn die Sales-Experten haben herausgefunden, dass Frauen bereit sind, mehr für Produkte rund um Schönheit und gutes Aussehen zu bezahlen. Gegen diese eindeutige Diskriminierung könnte frau jetzt so vorgehen wie ihre Geschlechtsgenossinnen in den USA. Die klagten gegen die Benachteiligung und in fortschrittlichen Bundesstaaten wie New York oder Kalifornien gibt es mittlerweile Gesetze die den eigentlich auf Männern spezialisierten Spezialisten in den Barber-Shops vorschreiben auch Damenhaarschnitte zu erlernen.

Nun ja, aber als deutsche Fundamental-Feministin weiß ich ja, wie viel solche Gesetze in der Realität bringen. Siehe meine obigen Einlassungen zur Frauenquote in Aufsichtsräten. Deshalb nutze ich am Ende des Tages lieber meine profunde ökonomische Ausbildung, um die Gesetze des Kapitalismus zu meinen Gunsten auszulegen.

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Am Markt ist es eben so, dass im Gleichgewichtspunkt die Anbieter immer genau den Preis verlangen, den die Nachfrager zu zahlen bereit sind. Tja, dann wollen wir mal den Herstellern von Oberklasse-Autos - in Deutschland sind die ohnehin relevanter als die Rasierschaum-Produzenten - klar machen, dass wir Frauen für ihre Blechkisten sehr viel weniger zu zahlen bereit sind als die Herren.

Also für einen 7er BMW würde ich maximal 25.000 Euro ausgeben. Dafür nehme ich dann auch eine pinkfarbene Lackierung billigend in Kauf. Wie gewohnt verbleibe ich hiermit in freudiger Erwartung Ihrer geschätzten Angebote.

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