25.04.2015

Die Augenzeugin Mit Satire und Comedy

Von Schmid, Barbara

Gülşen Çelebi,43, Anwältin aus Düsseldorf, geht mit pfiffigen Ideen gegen die rechten Dügida-Demonstranten vor, die jeden Montag das Düsseldorfer Bahnhofsviertel lahmlegen, in dem ihre Kanzlei liegt.

"Seit fünf Monaten arbeite ich in der Kampfzone. Meine Büros liegen im vierten Stock an der Graf-Adolf-Straße nahe dem Hauptbahnhof. Ausgerechnet unter meinen Fenstern fingen die Rechten im Dezember an zu demonstrieren. Die Stadt wird dann weiträumig abgesperrt, kaum jemand kommt noch zum Bahnhof durch. 'Düsseldorf gegen die Islamisierung des Abendlandes' nennen sie sich. Dabei sind kaum Düsseldorfer darunter, die Leute werden aus ganz Nordrhein-Westfalen herangekarrt. Anfangs waren es wenige Hundert, inzwischen ist es nur noch ein trauriger Haufen, mal 40, mal 60 Leute. Wir Gegendemonstranten sind immer viel mehr. Als Juristin weiß ich, dass Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht wichtige Bürgerrechte sind. Inzwischen finde ich aber, dass die Bürgerrechte derjenigen, die jeden Montag darunter leiden, auch eine Rolle spielen sollten. Viele Düsseldorfer werden in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, Geschäftsleute können nichts mehr verkaufen, Lokale machen keinen Umsatz. Dügida beleidigt die Düsseldorfer, wir sind keine braune Stadt. Aber wir wehren uns. Ich habe mir ein Megafon angeschafft, und wenn die Nazis loslegen mit ihren ausländerfeindlichen Sprüchen, rufen wir 'Nazis raus'. Wir gehen mit Satire und Comedy gegen sie vor. Zuletzt hatten wir fünf Hitler-Bilder aufgehängt, darauf schießt er sich in den Kopf. Darunter haben wir geschrieben: Follow your Leader! Inzwischen feiern wir jeden Montag ein Straßenfest, angemeldet bei der Stadt. Eine Gegenkundgebung mit kostenlosem Tee, Musikgruppen und gemeinsamem Plakatemalen. Die Demo-Strecke der Rechten wurde dadurch kürzer. Ich werde seither beschimpft und sogar mit dem Tod bedroht. Natürlich habe ich Angst und bin vorsichtiger geworden, lasse mich abends von meinem Freund abholen. 1933 haben sich zu wenige Menschen gewehrt, wir alle wissen, wo das geendet hat."


DER SPIEGEL 18/2015
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