Haftstrafen für Düsseldorfer Terrorzelle Die Bin-Laden-Connection

Für die Richterin steht fest: Bin Ladens Terrororganisation al-Qaida steckte hinter der Düsseldorfer Terrorzelle. Am Ende der quälend langen Urteilsverkündung wird jedoch klar, dass zwei der Angeklagten zu ihren Familien zurückdürfen.

Von Jannis Brühl, Düsseldorf

Anerkennung für das weltliche Gericht brachten Abdeladim El-K. und Jamil S. hinter den zentimeterdicken Glasscheiben auch am Tag ihrer Verurteilung nicht auf. Die beiden Männer blieben als Einzige im Düsseldorfer Gerichtssaal sitzen, als die Richter ihn betraten. Das einzige Gesetz, das die beiden Angeklagten interessiert, steckt für sie in der Schrift, die jeder von ihnen mitgebracht und vor sich auf den Tisch gelegt hat: der Koran.

Nach zweieinhalb Jahren und 163 Verhandlungstagen ist der Prozess gegen die islamistische Düsseldorfer Terrorzelle mit der Verurteilung der vier Angeklagten zu Haftstrafen zu Ende gegangen.

Wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrororganisation und der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat muss der Marokkaner El-K. neun Jahre ins Gefängnis, der Deutsch-Marokkaner S. sieben Jahre, nur wenige Monate weniger als von der Bundesanwaltschaft gefordert. Der 23-jährige Deutsch-Iraner Amid C. und der 30-jährige Deutsche Halil S. kommen dagegen unter strengen Auflagen auf freien Fuß, kündigte das Gericht am Ende der fünfstündigen Verlesung des Urteils an. Grund ist, dass beide fast zwei Drittel des Strafmaßes in Untersuchungshaft abgesessen haben.

Bis darüber entschieden ist, ob die Justiz den Rest ihrer Strafe Bewährung aussetzt, kommen sie frei. Sie müssen allerdings Pass und Ausweis abgeben, sich täglich bei der Polizei in Düsseldorf beziehungsweise Gelsenkirchen melden und dürfen Nordrhein-Westfalen nur mit Zustimmung des Gerichts verlassen. Sollten sie versuchen, abzutauchen, droht ihnen Haft. Die Mutter des jüngsten Angeklagten C. brach bei der Verkündung dieser Entscheidung in Tränen aus.

Das Urteil gegen C. wegen der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation lautet fünfeinhalb Jahre Haft, für Halil S. viereinhalb Jahre. Er wurde nicht als Mitglied, sondern nur als Unterstützer einer solchen Organisation verurteilt, zudem wegen mehrerer Betrugsdelikt, er war der Dokumentenfälscher der Gruppe. Die Angeklagten hatten zu den Terrorvorwürfen geschwiegen. Die Verteidigung kann gegen die Urteile in Revision gehen.

Sprengstoff und Bombenzünder in der Badewanne

Drei der Männer waren im Frühjahr 2011 festgenommen worden, nachdem sie versucht hatten, Sprengstoff und Bombenzünder in der Badewanne einer Düsseldorfer Wohngemeinschaft herzustellen - allerdings auf so dilettantische Weise, dass es nicht funktionierte. Ermittler hatten die Wohnung verwanzt und auch die Online-Kommunikation der Gruppe überwacht. Der vierte, Halil S., wurde Monate später gefasst.

Konkrete Anschlagsziele gab es noch nicht. Aus abgehörten Gesprächen und E-Mails konnte der Staatsanwaltschaft und der Richterin zufolge jedoch geschlossen werden, dass die Gruppe im Namen des "Heiligen Krieges" in Deutschland viele Menschen mit ferngezündeten Bomben umbringen wollte, um "Angst und Schrecken zu verbreiten". Außerdem sollte so Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden, die deutsche Unterstützung für den Afghanistan-Einsatz einzustellen. Bei einem Verdächtigen sei eine Liste gefunden worden, auf der unter anderem der Name des US-Truppenübungsplatzes Grafenwöhr gestanden habe, sagte die Richterin. Außerdem sei dort der Komiker Ingo Appelt genannt worden, der Witze über Fundamentalisten gemacht, sowie die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo, die die Mohammed-Karikaturen veröffentlicht hatte.

In der wohl berüchtigsten Mail des Angeklagten El-K. heißt es: "Oh, unser Scheich, wir halten noch unser Versprechen. Wir werden mit dem Schlachten der Hunde anfangen." Nach Interpretation der Ermittler handelt es sich bei den "Hunden" um "Ungläubige"; die Mail habe zudem bewiesen, dass es Verbindungen zur Al-Qaida-Führung am Hindukusch gab. Und ein Versprechen an diese, einen Anschlag auszuführen.