Stuttgart

"Die Partei"

19.05.14

Wider die Diktatur der "Öko-Opas"

Sie treten an, um Grün-Rot zu stürzen, den Stuttgarter Kessel zu fluten und nächtliches Biertrinken zu fördern. Die Satire-Politiker der "Partei" mischen im Südwest-Wahlkampf ordentlich mit.

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Sie wollen angeblich Fracking-Anlagen in Freiburger Kleingärten platzieren und machen sich für ein Endlager im französischen Viertel von Tübingen stark.

Die Ulk-Truppe von "Die Partei" mischt auch im baden-württembergischen Kommunalwahlkampf mit. Selbst wenn ihre Satire – sie selbst wehrt sich gegen den Begriff mit Händen und Füßen – manchen in die Irre führen könnte: Kommunen, die Wahlbroschüren auflegen, sind dazu verpflichtet, die Forderungen aller Gruppierungen öffentlich zu machen.

"Unterdrückung durch Öko-Opas beenden"

So wie in Tübingen, in dem der Partei eine eigene Seite im offiziellen Info-Heft der Stadt zur Kommunalwahl gewidmet wird. Neben der Bereitschaft, anderer Leute Atommüll aufzunehmen, fordert die Partei hier, die Unterdrückung durch die "Öko-Opas" zu beenden. Als ein Kernanliegen nennt sie das nächtliche Biertrinken – als eine Freizeitaktivität von Weltkulturrang, die unbedingt gefördert werden muss.

Die Stadt sieht sich der Neutralität verpflichtet, wie eine Sprecherin auf Anfrage sagt. "Wir müssen alle Listen und Gruppierungen, die sich ordnungsgemäß angemeldet haben, gleichbehandeln." Das gelte auch für Info-Hefte. Ähnlich sieht es die Partei selbst: Es sei verfassungsgemäßer Auftrag, sich an solchen Informationsangeboten für den Bürger zu beteiligen, sagt der Landesvorsitzende Peter Mendelsohn. "Das machen wir natürlich gerne."

1100 Mitglieder im Südwesten

Richtig stolz waren sie vor zwei Wochen, die rund 1100 Mitglieder der Partei im Südwesten. Anfang Mai hatte ihnen der Südwestrundfunk zwei Termine für ihre Hörfunkwerbespots zugeteilt. Einer ging bereits über den Äther. In dem Beitrag geht es zwar vorrangig um die ebenfalls am 25. Mai ablaufende Europawahl, ein paar regionale Pläne wurden dort trotzdem kundgetan.

Statt Stuttgart 21 wollen die Parteimitglieder demnach in der Landeshauptstadt das Vorhaben Stausee 21 auf den Weg bringen. Am Rande des Kessels könnten nach der Flutung dann leckere "Caipis" geschlürft werden, wie eine junge Frau den Hörern verspricht – sofern sie ihr Kreuz an der richtigen Stelle machen.

In einigen Städten werden auch alte Wahlkampfklassiker aus dem Fundus der Partei aufgefahren. Etwa das Plakat "Oettinger stürzen!", auf dem ein Mann das Bier in sich schüttet, das auf den gleichen Namen lautet wie der ehemalige Regierungschef mit Vornamen Günther.

Forscher räumen der Partei bei der Kommunalwahl – anders als bei der Europawahl, bei der die Dreiprozenthürde kürzlich gekippt wurde – nur verschwindend geringe Chancen ein. Bei einer Kommunalwahl hingen die Siegesaussichten von den Kandidaten ab, sagt Politikwissenschaftler Hans-Georg Wehling. Und die treten bei der Partei fast überhaupt nicht in Erscheinung.

Keine Gefahr für die politische Kultur

Eine Gefahr für die politische Kultur sieht er durch die Satire-Truppe nicht. "Die Schwelle für neue Parteien ist bei Kommunalwahlen generell sehr niedrig", sagt Wehling. Deshalb müsse in Kauf genommen werden, dass manche die Sache offenbar nicht so ernst nehmen. Durchsetzen würden sich diese ja doch nicht.

Auch wenn sich der Experte nicht an der Spaß-Partei stört. Einige Bürger tun dies. Unter der Rubrik "Zuschriften, die wir nicht wollen" veröffentlichte der Stadtverband Freiburg folgende Rückmeldung auf seiner Webseite: "Sehr geehrte Damen und Herren, der Auftritt Ihres Partei-Mitglieds Martin Walcher als Bürgermeisterkandidat war in unserer kleinen Stadt eine einzige Farce.

Mit Beginn seiner Rede verhöhnte er die Bürgerinnen und Bürger sowie die übrigen Bewerber um ein demokratisches Amt und führte die Veranstaltung ad absurdum", empörte sich etwa ein Bürger aus Löffingen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald).

Doch es gibt auch eine Aussage der Partei, zu finden in der Tübinger Wahlbroschüre, der sich wohl auch die ärgsten Kritiker anschließen können: "Bitte geht wählen!" heißt es da, denn: "Demokratie ist richtig geil."