Kultur

"Wolf Creek 2"

18.06.14

Ei, wie hat der denn da den Kopf verloren?

Die Fortsetzung des australischen Horrorfilms "Wolf Creek" spielt blutig mit Macht und Moral. Leider werden nicht nur einigen Menschen die Gliedmaßen abgeschnitten, den Film hat man auch verstümmelt.

Zur Startseite
Von Michael Meyns

Vor acht Jahren war "Wolf Creek" ein überraschend roher, ungezügelter und sehr blutiger Vertreter des sogenannten Backwood-Slashers, eine Art Hinterwäldler-Horrorfilm, der schnöselige Großstadtbewohner mit schmutzigen, verschwitzten Landeiern konfrontiert. In diesem Fall war das der Schweinezüchter Mick Taylor (John Jarratt), der im australischen Hinterland liegen gebliebenen Autofahrern seine Hilfe anbot – und sie dann ermordete.

Das war nicht zuletzt ein Spiel mit der auch in Wirklichkeit recht großen Anzahl von Menschen, die jedes Jahr in den Weiten Australiens spurlos verschwinden. Die Fortsetzung denkt diesen Ansatz nun weiter, zumindest in den Momenten, die "Wolf Creek 2" zu einer durchaus pointierten Satire über Nationalismus, Fremdenhass und nervige Touristen machen.

Ein deutsches Wanderpärchen stirbt

Gleich als Erstes wird da etwa ein deutsches Touristenpärchen hingemeuchelt. Die beiden Wanderer entsprechen ganz dem Klischee des liberalen, an Land und Leuten interessierten Backpackers, der in verklärten Vorstellungen denkt. So unsympathisch wirkt dieses Pärchen, dass man seinen Tod kaum bedauert, und genau das führt zu den moralischen Grauzonen auch dieses Horrorfilms.

Gleich in der ersten Szene hatte man da die Hauptfigur Mick Taylor gesehen, die friedlich durch die Gegend braust und bei einer willkürlichen Kontrolle von zwei Polizisten erniedrigt wird. Was kurz darauf unweigerlich zum brutalen Tod der Ordnungshüter führt, wodurch der eigentliche Antagonist des Films fast wie eine autoritätskritische Figur wirkt.

Sing niemals mit im Trinklieder-Contest

Etwas später gerät Taylor an einen britischen Surfer, der voller Vorurteile über die ehemalige Kolonie ist und sich auf ein Duell der Trinklieder einlässt. Rassistische Stereotypen werden hier entlarvt, aber nicht zuletzt die gefährliche Faszination einer antiautoritären Figur, die nur vermeintlich Dinge sagt, die mal "gesagt werden müssen", und im Kern ein Psychopath ist.

Doch solche interessanten Ansätze sind nur ein Teil von "Wolf Creek 2", der über weite Strecken Verfolgungsjagden zu Fuß und im Auto, durch die Wüste und dunkle Kellergewölbe aneinanderreiht und dabei extrem viel Kunstblut verspritzt. Zumindest in der ungeschnittenen Originalfassung, denn erneut hat der deutsche Verleih zur Schere gegriffen und die Exzesse um satte drei Minuten gekürzt.

Die Schneidemaschine zerschnippelte die Erzählung

Dass ist nicht der geringeren Brutalität wegen bedauerlich, sondern weil schlichtweg die Verständlichkeit leidet: Da verschwinden Figuren plötzlich spurlos und liegen auf einmal tot in der Ecke, Finger, Köpfe und andere Körperteile fehlen auf einmal, und vor allem der Erzählrhythmus leidet.

So ist "Wolf Creek 2" eine in vielerlei Hinsicht zwiespältige Angelegenheit, dessen interessante satirische Elemente den allzu konventionellen Genremustern geopfert werden und der zudem in der vorliegenden geschnittenen Fassung Genrefans enttäuschen muss.