Sonntag, 17. Januar 2016

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Die Wirtschaftsglosse Das Ende der Schokolade ist nah

Ho, ho, ho: Bald ist alles aus

Genießen Sie Schokolade in der Adventszeit. In rauen Mengen. Solange Sie noch können. Denn genau jetzt leben wir im Schlaraffenland - aber nur bis zum Ende des Tages.

Von Peak Oil redet ja gerade keiner mehr. Irgendwann ist wahrscheinlich der Gipfel der Ölproduktion erreicht, dann wird der Treibstoff womöglich knapp, vielleicht plötzlich viel teurer, wir müssen unsere Wirtschaft und unsere komplette Lebensweise radikal umstellen oder sind dem Untergang geweiht oder so. Doch jetzt gerade passiert eher das Gegenteil.

Daher bieten wir als besonderen Service zum Nikolaus-Wochenende die frohe Botschaft für Untergangspropheten: Es gibt ja noch andere Rohstoffe, die knapp werden können, und die wenn schon nicht für unsere Wirtschaft, dann doch zumindest für unsere Zivilisation mindestens so bedeutend sind wie Petroleum.

Peak Chocolate ist eine unumstößliche Tatsache. Diese unbequeme Wahrheit muss gerade in der besinnlichen Jahreszeit ausgesprochen werden. Noch füllen wir unsere Einkaufswagen palettenweise mit Schokonikoläusen. Noch baden diejenigen von uns, die zu spätrömischer Dekadenz neigen, in flüssiger Schokolade oder lassen sich damit massieren. Noch.

Arvid Kaiser
manager-magazin.de
Arvid Kaiser
Die Schokoindustrie hat es mit ihrer Tonnenideologie zu weit getrieben, hat uns abhängig gemacht und wird uns wohl bald auf kalten Entzug schicken. Derzeit vertilgen wir so viel von dem süßen Zeug wie noch nie - und so viel wie nie wieder.

Die aktuellen Zahlen der deutschen Schokoladenproduktion zeigen ein Schokoladenplateau. Um im Bild zu bleiben: Einen riesigen, Millionen Tonnen schweren Berg aus Riegeln, Tafeln, Nugat, Zartbitter, weiß, mit Nüssen, mit Pfeffer und Salz, wie Sie mögen. Doch dieser Berg, dieses Massiv aus dem Schlaraffenland beginnt zu bröckeln und zu schmelzen. Die Welt, die wir lieben, ist dem Untergang geweiht.

Wenn Sie es mir nicht glauben, glauben Sie es den größten Schokoladenherstellern der Welt. Laut "Washington Post" haben die Konzerne Mars und Barry Callebaut verkündet, dass uns die Schokolade ausgeht. 2013 seien bereits 70.000 Tonnen mehr konsumiert als produziert worden. Die Lager werden bald erschöpft sein, und das Defizit wächst laut den Insidern nur immer weiter: auf eine Million Tonnen bis 2020, zwei Millionen bis 2030. Seit dem ersten Auftreten der Lücke vor zwei Jahren hat sich Rohkakao bereits um 60 Prozent verteuert.

Moment, werden Sie sagen, sind Kakaobohnen nicht ein erneuerbarer Rohstoff, im Unterschied zu einer endlichen Ressource wie Öl? Mag sein, doch sie wachsen nicht überall. Und die Herstellerländer Elfenbeinküste und Ghana, die 70 Prozent der Weltproduktion auf sich vereinen, können auch nicht die Rolle als neue Opec einnehmen.

Denn Dürre und ein fieser Pilz namens Moniliophthora roreri, der in der lateinamerikanischen Heimat des Kakaos bereits massenhaft Plantagen vernichtet hat, zerstören die Ernte. Es ist ähnlich schlimm wie der Bananenpilz, der uns über kurz oder lang um unseren wichtigsten Vitaminlieferanten bringen wird. Doch das ist eine andere Geschichte, die zu einer anderen Gelegenheit erzählt werden soll. Vielleicht, wenn Sie sich zu Neujahr gesundere Ernährung vornehmen.

Diese Geschichte jedenfalls kennt keine Gewinner. Außer vielleicht die Hersteller synthetischer Nahrung, die bereits an Schokoladenersatz tüfteln. Aber schmecken wird Ihnen das nicht.

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