Reaktion auf Sony-Hack: Obamas leere Drohungen

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Barack Obama bei der Pressekonferenz: "Wir werden antworten"

Nach der Absage der Premiere der Satire "The Interview" will US-Präsident Obama Nordkorea für seine mutmaßlichen Terrordrohungen bestrafen - aber wie? Viele Möglichkeiten hat der US-Präsident nicht.

Barack Obama ließ alle Optionen offen - das sollte jeder merken: "Wir werden antworten, angemessen und in einem Zeitrahmen und einer Weise, die wir wählen", sagte der US-Präsident in einer Pressekonferenz. Mehr ließ er sich nicht entlocken auf die Frage, wie die USA auf die mutmaßlich von Nordkorea ausgehenden Hackerangriffe und Terrordrohungen reagieren will, wegen denen sich die Filmproduktionsfirma Sony gezwungen sah, die Premiere der Satire "The Interview" am ersten Weihnachtsfeiertag abzusagen.

Obamas vage Andeutung hat Methode: "Was wir tun, wird die Öffentlichkeit nicht erfahren. Aber die Nordkoreaner werden wissen, wer dahintersteckt", sagte Joel Brenner, ehemaliger Chef der Anti-Spionage-Einheit der USA, der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Noch ist nicht zweifelsfrei geklärt, ob wirklich Nordkorea hinter dem massiven Diebstahl von Daten aus Sonys Firmennetzwerk steckt. Die Diktatur ließ über ihre staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Samstag wissen, dass man Beweise für die eigene Unschuld habe. Das Land schlug den USA eine gemeinsame Untersuchung der Cyber-Attacken vor und warnte vor "schweren Konsequenzen", wenn die Amerikaner sich dem verweigerten.

Das FBI sieht dagegen klare Hinweise, dass die Hackergruppe "Guardians of Peace" von der Diktatur beauftragt wurde. Der verwendete Code weise Ähnlichkeiten mit dem auf, den die "Unit 121", die berüchtigte Cyberkrieg-Einheit des nordkoreanischen Militärs, bei früheren Angriffen auf südkoreanische Regierungs- und Firmenseiten genutzt haben soll. Welche Optionen haben die USA aber, das Regime von Staatschef Kim Jong Un zu bestrafen?

  • Auf gleiche Weise zurückzuschlagen hält Geheimdienstexperte Brenner für keine gute Idee. Mit einer Cyberattacke würde man Nordkorea offenbaren, welche Schwächen in ihren Computernetzwerken den USA bekannt sind. So viel dürfte der US-Regierung eine Hollywood-Komödie kaum wert sein. Auch könnten die Nordkoreaner das Hochtechnologieland USA mit einem Vergeltungsangriff viel härter treffen als die Amerikaner die Steinzeitdiktatur.

  • Auch für schärfere Wirtschaftssanktionen, etwa die Sperrung von Devisenkonten, ist nicht viel Raum. Die USA haben die Konten von Nordkoreas Außenhandelsbank schon im März 2013 eingefroren, als Reaktion auf einen Atomwaffentest des Landes. Den größten Schaden erlitt Nordkorea damals, als Chinas Staatsbank dem US-Vorbild folgte.

  • Auch diesmal müssten die USA wohl mit China kooperieren, damit mögliche Strafmaßnahmen der Kim-Diktatur wirklich gefährlich werden. Danach sieht es derzeit nicht aus. In Peking kann man über den Film, an dessen Ende Kim Jong Un in die Luft fliegt, offenbar genauso wenig lachen wie in Pjöngjang. "The Interview" sei ein Zeichen "sinnloser kultureller Ignoranz" der USA, kommentierte die chinesische Zeitung "Global Times".

Viele Optionen hat er US-Präsident in Wahrheit also nicht. Nun muss Obama auch noch Kritik von unerwarteter Seite einstecken, von Sony selbst. Dessen Chef Michael Lynton wehrte sich gegen Obamas Vorwurf, die Filmfirma hätte einen Fehler gemacht, als sie die Vorführung der Satire abgesagt hätten. Man habe auf den Wunsch der Kinobetreiber reagiert. "Wir können nicht bestimmen, ob ein Kino den Film zeigt oder nicht", sagte Lynton im Interview mit CNN.

Zumindest Sony kann nun frei entscheiden, was mit seinem 44-Millionen-Dollar-Film um die Comedy-Stars Seth Rogen und James Franco passieren soll. Ein direkter Verkauf auf DVD oder an einen Video-on-Demand-Betreiber wie Netflix sei möglich, noch sei aber kein Interessent auf Sony zugekommen. Deshalb sei auch eine Veröffentlichung auf YouTube denkbar, wo jeder den Film kostenlos ansehen könne, sagte Lynton. "Wir wünschen uns, dass die amerikanische Öffentlichkeit diesen Film sehen kann."

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1. Genügt
Desi 20.12.2014
es nun schon, mutmasslich schuldig zu sein? Braucht es keine Beweise mehr, um bestraft zu werden? In letzter Zeit sieht es so aus, wie wenn es die UNO nicht mehr gibt. Die USA sind Polizei, Richter und Vollstrecker in einem und es gibt keinen Einspruch dagegen.
2. Die Aufgaben des amerikanischen Praesidenten
tailspin 20.12.2014
Wenn Obama sich jetzt schon in einen Filmklau von einer Privatfirma reinhaengen will und deswegen mit nicht substantiierten Drohungen um sich wirft, vermittelt er den Eindruck, er als der amerikanische Praesident wolle die Welt micromanagen, und er habe wirklich nichts besseres zu tun. Ein vortrefflicher Einblick in seine Befindlichkeiten. Das wird ihm sicher in anderen Angelegenheiten helfen, die wirklich mal wichtig werden koennten.
3. Irritierend
duncan_ 20.12.2014
wenn ein Staat, der die ganze Welt überwacht solche Drohungen von sich gibt.
4. Mutmaßlich
jeze 20.12.2014
Wir laufen in eine Welt hinen, wo Recht, Gesetz und Beweise durch Glaube und Mutmaßungen abgelöst werden.
5. The Same
humorrid 20.12.2014
Ich weiß, die Amerikaner haben es nicht so mit Beweisen. Doch scripted Reality der CIA wird immer flacher, zuerst ein Komödchen drehen lassen und dann einen Hackenangriff inszenieren. Also liebe UN, wo sind die Beweise oder ist es für euch auch uninteressant?
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