Sonntag, 17. Januar 2016

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Die Wirtschaftsglosse Amerikaner haben den Schuss nicht gehört

Schlawaffenland: Schießfreunde kommen in Amerika auf ihre Kosten - solange sie nicht erschossen werden

In den USA hat eine Neunjährige aus Versehen ihren Schießlehrer erschossen. Kann ja mal passieren. Schuld ist natürlich die Regierung in Washington, die am Ende des Tages einfach viel zu wenig für Amerikas Waffenfreunde tut.

In den USA hat es erneut einen unerfreulichen Vorfall im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Schusswaffen gegeben. Ein neunjähriges Mädchen hat auf einem Schießstand in Arizona versehentlich ihren Schießlehrer erschossen. Mit einer automatischen Maschinenpistole, im Volksmund "Uzi". Der starke Rückschlag der Waffe war ausschlaggebend, berichten Medien.

Aber bitte, jetzt bloß nicht gleich wieder nach schärferen Waffengesetzen rufen. Das wäre ja furchtbar simpel. Geradezu langweilig einfach.

Fachleute in den USA sehen die Problemlage wesentlich komplexer. Etwa so:

  • Die Schießlehrer sind nicht ausreichend ausgebildet.
  • Sie tragen bei der Ausbildung von Minderjährigen an automatischen Waffen häufig nicht die vorgeschriebene Schutzkleidung.
  • Sie lassen Minderjährigen im Umgang mit automatischen Waffen immer noch zu wenige Freiheiten (hätte sich der Schießlehrer im vorliegenden Fall nicht in unmittelbarer Nähe aufgehalten, wäre ihm auch nichts passiert!).
  • Überhaupt: Warum brauchen Minderjährige, die automatische Waffen bedienen, eigentlich Schießlehrer? Wenn Sie keine Schießlehrer hätten, könnten auch keine erschossen werden.
  • Die Waffenindustrie muss bei der Entwicklung automatischer Waffen eigens für Minderjährige schneller vorankommen (geringerer Rückschlag!!!).
  • Die Medien berichten einseitig. Es gibt viel zu wenig Berichterstattung über die vielen Fälle, in denen Minderjährige UNFALLFREI automatische Waffen bedienen. Das passiert schließlich jedes Jahr tausendfach.
  • Apropos Medien: Wurden die Hintergründe des Vorfalls in Arizona eigentlich ausreichend beleuchtet? Vielleicht war der Schießlehrer der Neunjährigen ja irgendwie dumm gekommen. Könnte doch immerhin sein.
  • Viele Minderjährige in den USA sind noch zu ungeübt im Umgang mit automatischen Schusswaffen. Bei häufigerer Übung wäre der Unfall von Arizona nicht passiert. (Achtung, Warnhinweis, hier stößt Satire auf Realsatire: Tatsächlich forderte ein Waffenlobbyist in Amerika kürzlich Schießuntericht an Schulen)

Christoph Rottwilm
manager-magazin.de
Christoph Rottwilm
All dies sind natürlich Versäumnisse, die in Washington lange bekannt sind. Die Politik müsste das anpacken. Aber sie tut es einfach nicht.

Immerhin, der Schießplatzbetreiber in Arizona hat auf den Unfall überaus besonnen reagiert. Künftig dürfen dort nur noch Kinder an die Waffen, die mindestens zwölf Jahre alt und 1,52 Meter groß sind (Anm. d. Red.: kein Witz!).

Die Überlegung erscheint nachvollziehbar: Natürlich kann es auf dem Schießstand in Zukunft immer noch vorkommen, dass ein zwölfjähriger Ein-Meter-52-Knirps einen anderen Besucher mal so ganz aus Versehen mit einer Uzi umnietet. Aber dann kann man die Mindestgröße ja immer noch hochsetzen, auf 1,53 Meter zum Beispiel. Oder 1,55 Meter.

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