Workshop 26
Grenze, Grenzländer und Grenzziehungen gehören als Begriffe zum Silbergeschirr der Ethnologie (Haller). Einst Terrain der Politischen Geographie, wird das Konzept der Grenze während des letzten Jahrzehnts immer stärker auch von Ethnologen aufgegriffen. Dabei wird Grenze entweder als distinktiver kultureller Raum in der Peripherie des Nationalstaats betrachtet (Haller, Horstmann/ Wadley 2006), oder in der Postmoderne als Metapher der Auflösung von Grundvariablen der Geisteswissenschaften wie Kultur, Zeit, Raum, Identität, etc.
In unserem Panel beschäftigen wir uns mit der Herausforderung der Grenze für die ethnologische Theoriebildung. Die Grenze wird als ein dritter kultureller Raum begriffen, in der sich unterschiedliche Kulturen vermischen. Weder werden Grenzen grundsätzlich geöffnet und Nationalstaaten von sich globalisierenden Diaspora-Gemeinschaften überwunden, noch gelingt es Nationalstaaten, die Grenze durch militärische Repression und neue Militarisierung restlos zu kontrollieren. Tatsächlich finden beide Prozesse, Öffnung und Schließung, gleichzeitig statt und charakterisieren die Machtkämpfe in den Grenzländern. Dieses Paradox macht den Raum der Grenze so wichtig für das Verhältnis von Theorie und Empirie.
Wir begrüßen daher Papers, die sich mit der Herausforderung der Grenze für die Ethnologie auseinandersetzen. Diese Papers können sowohl dichte, ethnografische Beschreibungen der Machtkämpfe an der Grenze sein, als auch papers, die das Verhältnis "ihrer" Grenze zur ethnologischen Theoriebildung und Paradigmen aufspüren. Besonders willkommen sind papers, die auf der Basis von ethnografischen Arbeiten evt. regionalspezifische theoretische Frage- und Problemstellungen herausschälen, die uns helfen, die ethnologische Grenzländerforschung zu schärfen und voranzubringen. Einsendeschluss ist der 30.06.2007.
Horstmann, Alexander und Reed Wadley (2006): Centring the Margin. Agency and Narrative in Southeast Asian Borderlands. Oxford: Berghahn.
Organisation
Dr. Alexander Horstmann; Institut für Ethnologie, WWU-Münster
Prof. Dieter Haller; Sektion Sozialanthropologie, Ruhr-Universität Bochum
Datum, Uhrzeit
Dienstag, 02.10.2007, 14:00-18:00 Uhr
Ort
Melanchthonianum, Hörsaal C
Vorträge & Abstracts
Cora Bender: Blood quantum, Straßenschilder, Gerichtsprozesse: die neuen amerikanischen Grenzorte
Im Jahr 1890 wurde die amerikanische Frontier durch das U.S. Census-Büro offiziell für „geschlossen” erklärt, und der Historiker Frederick Jackson Turner sagte auf der Columbian Exposition für das 20. Jh. den Eintritt der amerikanischen Gesellschaft in eine völlig neue Epoche voraus. Seitdem ist die Grenze ein zentraler Topos für die amerikanische kulturelle Selbstbespiegelung. Hier […]
Lale Yalçin-Heckmann: Märkte, Grenzen und Staatsbürgerschaft im Süd-Kaukasus
Grenzregime wurden schon häufig als Gegenstand von und Ort für Auseinandersetzungen zwischen politischen Einheiten wie z.B. Staaten sowie soziale Zugehörigkeiten wie Nationalitäten und Ethnien diskutiert. Grenzen sind außerdem von großer wirtschaftlicher Bedeutung; Güter und Produkte werden über Grenzen bewegt, je nach Preis und Nachfrage. In diesem Vortrag möchte ich wirtschaftswissenschaftliche Diskussionen und aktuelle Debatten […]
Heike Drotbohm: Die Macht der Grenzen im Inneren des Lokalen: Zur Bedeutung von Immobilität, Transnationalismus und Deportation in Kap Verde
In Kap Verde, einem Inselarchipel vor der Küste Senegals, bestimmt die Fähigkeit, naturräumliche und politische Grenzen zu überwinden, die Position des Subjekts innerhalb der lokalen Gemeinschaft.
Hier gibt es jene, die immobil sind und denen qua ihres Unvermögens, Grenzen zu überschreiten, die Möglichkeit, am Angebot der Moderne zu partizipieren, verwehrt bleibt. Angesichts sozialer und ökonomischer […]