Das Bremer Rathaus - Semiotische Analyse der Renaissance-Fassade

Hauptseminararbeit, 2005, 26 Seiten
Autor: Frank Fraundorf
Fach: Deutsch - Pädagogik, Didaktik, Sprachwiss.

Details

Kategorie: Hauptseminararbeit
Jahr: 2005
Seiten: 26
Note: 1
Literaturverzeichnis: ~ 24  Einträge
Sprache: Deutsch
Archivnummer: V42604
ISBN (E-Book): 978-3-638-40601-7

Dateigröße: 379 KB


Textauszug (computergeneriert)

 

Universität Bremen

Das Bremer Rathaus 

Semiotische Analyse der

Renaissance-Fassade

von

Frank Fraundorf

 

 

Inhaltsverzeichnis


1. Vorwort: 
Der Untersuchungsgegenstand und die Semiotik    ...1

2. Das Rathaus     ...3

2.1. Der gotische Bau     ...4
2.2. Der Renaissance-Bau     ...5
2.3. Politischer Hintergrund     ...7

3. Die Bildbereiche der Fassade     ...7

3.1. Die Tugenden in den Arkadenbögen     ...8
3.2. Der Tritonenfries     ...13
3.3. Die Bildbereiche im Mittelrisalit     ...16
3.4. Die Standfiguren auf dem Dach/an den Giebeln     ...16
3.5. Weitere Bildbereiche     ...16

4. Statt eines Nachwortes: 
Die semiotische Bedeutung des Gesamtkonzepts     ...17

5. Abbildungsverzeichnis     ...21

6. Literaturverzeichnis     ...22

6.1. Primärliteratur     ...22
6.2. Sekundärliteratur     ...23

 

 

1. Vorwort: Der Untersuchungsgegenstand und die Semiotik

Das Bremer Rathaus mit seiner Fassade und dem davor stehenden Roland ist nicht nur ein geschichtliches und politisches Zeugnis, sondern auch ein künstlerisches „Meisterwerk“: ein politisches Zeugnis, weil die im Rat Sitzenden mit den Bürgern über die beiden übereinander liegenden Rathaushallen für repräsentative Zwecke und für die Nutzung durch das Volk in Kontakt kamen; ein künstlerisches Werk, weil das Rathaus ein gutes Beispiel für den Baustil der Weserrenaissance ist, ebenso aber mittelalterliche Komponenten wie die Sandsteinfiguren aufweist. Dies ist auch der Grund, warum das Bremer Rathaus im Juli 2004 von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt wurde.1

Die Baukunst spiegelt sich vor allem an der Fassade wieder, die hier näher in Betracht gezogen werden soll. Im Vordergrund stehen nicht die architektonischen Mittel, sondern die Bilder mit ihrer Semiotik. Semiotik wird als die „allgemeine Lehre von den Zeichen, Zeichensystemen und Zeichenprozessen“2 verstanden. Dabei wird ein Prozess in Gang gesetzt, bei dem eine codierte Nachricht von einem Sender zu einem Empfänger übertragen wird. Der Empfänger muss die Nachricht decodieren, den Code entschlüsseln und interpretieren.3 Im Fall unserer Rathausfassade bedeutet dies, dass der Architekt mit den einzelnen Bildern, die als Codes fungieren, eine Information übermitteln wollte. Ob der Leser, also der Betrachter des Rathauses, diese Codes entschlüsseln kann, hängt vom einzelnen Individuum und seiner Interpretation des Codes ab.

Wichtige Vertreter für die Semiotik sind Ferdinand de Saussure, der von 1857 bis 1913 lebte und Sprache als ein System von Zeichen verstand, und Charles Sanders Peirce (1839-1914). Peirce sieht eine Verbindung zwischen dem Zeichen, seinem Objekt und seinem Übersetzer und nennt diesen Komplex Semiosis. Die Semiosis ist dabei eine Handlung, die die Verbindung erst schafft.4 Wichtige Begriffe für die Semiotik sind „Signifikant“ und „Signifikat“. „Die zeichenhafte Beziehung setzt [...] ein Wechselverhältnis zwischen einem Element auf der Ebene des Inhalts (Signifikat) und einem Element auf der Ebene des Ausdrucks (Signifikant) voraus [...].“5

Semiotik wird, wie wir gesehen haben, auf Sprache oder Objekte angewandt. Wie ist es aber mit der Architektur? „Die Architektur ist prinzipiell in ihren Maßen (im Vergleich zum Menschen) verschieden von der Plastik, d.h. eine Plastik mag zwei- bis dreimal so groß wie ein durchschnittlicher Mensch sein (Roland, der Elefant), ein Gebäude ist aber meist wesentlich größer [...]. Außerdem geht man um eine Plastik herum, bei der Architektur geht man in diese hinein [...].“6 Trotzdem oder gerade deshalb kann ein architektonisches Werk eine semiotische Bedeutung haben. Der Bau und die Einrichtung sagen etwas über die Nutzung und den Benutzer aus. Die Fassade nimmt eine Mittelrolle zwischen architektonischem Werk und Bild bzw. Plastik: einerseits ist es die Fassade eines Bauwerks, andererseits ist der Charakter einer Plastik oder eines Bildes vorhanden. Man kann die einzelnen Bilder nicht von hinten betrachten (wie bei einer Plastik), man geht in dieses Bild aber auch nicht hinein. Es handelt sich um eine Hülle, die in ihren einzelnen Bildern und in ihrer Gesamtheit zu sehen ist.

Wenn wir die Fassade betrachten, finden wir einzelne Bilder oder auch Ikone. Ein Ikon ist ein Zeichen; daneben gibt es aber auch weitere Zeichen, so dass eine Klassifizierung eingeführt wurde: „Sie [die Klassifizierung] ist dreigliedrig und teilt die Zeichen danach ein, ob der Signifikant deren Signifikat ähnlich ist (ikonische Zeichen), ob er mit dem Signifikat in irgendeiner natürlichen Verbindung steht (hinweisende Zeichen) oder ob zwischen Signifikant und Signifikat keinerlei vorbestimmtes, sondern ein bloß willkürliches Verhältnis besteht (symbolische Zeichen).“7

Betrachten wir uns die Bedeutung des Ikons näher: Ein Ikon ist „eine abstrakte Darstellung für oder von etwas anderem. Ikone haben die Funktion abzubilden, sind also auf realen Referenzen basierend.“8 Dabei ist die erste Assoziation zum Ikon nicht immer das Endergebnis. Ein dargestelltes Gefäß kann so als Amphore identifiziert werden. Es kann aber auch der Inhalt gemeint sein, denn in einer Amphore mag z.B. Bier enthalten sein. Das Ikon würde damit für den Inhalt Bier stehen, da die Flüssigkeit an sich nicht darstellbar ist. Folglich kann man sagen, „dass alle ‚Ikonen’ gegenüber der Komplexität des Realen radikale Vereinfachungen sind.“9 Während des Vorgangs vollführen wir zwei kognitive Leistungen: „Die verwendeten Schlüsse sind zum ersten der assoziative Schluss von der graphischen Darstellung auf das dargestellte Objekt und zum zweiten der kausale Schluss vom Teil aufs Ganze (vom Gefäß auf den Inhalt) bzw. von der Wirkung [...] auf die Ursache [...].“10 Die Interpretation der Ikone ist damit vom Subjekt, vom Individuum abhängig.

[...]


1 Bremer Rathaus Online (a). URL: http://www.rathaus-bremen.de/de/Kap1/Kap1_2.html (27.12.2004).

2 Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. Semiotik. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Semiotik (11.11.2004).

3 Ebd.

4 Ebd.

5 Volli, Ugo: Semiotik. Eine Einführung in ihre Grundbegriffe. Tübingen, Basel: Francke 2002. S. 27.

6 Wildgen, Wolfgang: Semiotische Analysen der Stadt Bremen: ein Beitrag zur Architektur- und Stadtsemiotik. URL: http://www.fb10.unibremen. de/homepages/wildgen/pdf/stadtsemiotik_bremen_teilfassung.pdf (09/11/2004). S. 12.

7 Volli, Ugo: Semiotik. S. 33

8 Wikipedia. Ikon. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Ikon_%28Linguistik%29 (08.01.1005).

9 Volli, Ugo: Semiotik. S. 217.

10 Keller, Rudi: Zeichentheorie. Zu einer Theorie semiotischen Wissens. Tübingen, Basel: Francke 1995. S. 163.

 


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