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Mittwoch, 09.12.2009

Die Griechisch-Orthodoxe Kirche

Die Religion hat eine wichtige Rolle im Bildungsprozess des neugriechischen Staates gespielt. Die Mehrzahl der Griechen ist christlich, davon 97% griechisch-orthodox.

 


Der Begriff "griechisch-orthodox" hat keinen nationalistischen Akzent, sondern bezieht sich auf den Ritus, in dem man die Gottesdienste feiert, d.h. im byzantinischen bzw. griechischen Ritus, und er ist zu unterscheiden vom lateinischen bzw. römischen Ritus der römisch-katholischen Kirche. Orthodox heißt hier auf der einen Seite rechtgläubig, auf der anderen weist das Wort auf den rechten Lobpreis Gottes hin.


Heutzutage leben in Griechenland auch Gläubige anderer christlicher Konfessionen, etwa jene der römisch-katholischen oder evangelischen Kirche und vieler anderer Religionen: des Islam, des Judentums, Zeugen Jehovas etc. Diese in Zahlen kaum mehr als einige Tausend Menschen sind in den großen Städten Griechenlands zerstreut.

Die römisch-katholische Kirche ist in Athen und auf den Kykladen (besonders auf der Insel Syros) stark vertreten. Evangelische Gemeinden unterschiedlicher reformatorischer Traditionen kann man z.B. in Athen, Thessaloniki oder auf Rhodos finden.

Vor dem Zweiten Weltkrieg war das Judentum hauptsächlich in Thessaloniki und Volos  stark vertreten, wo sich auch heute wieder die wichtigen Zentren neben Athen befinden.

Die griechische Verfassung und die Gesetze nehmen eine Haltung des Respekts und des Schutzes gegenüber den religiösen Gefühlen der Bürger ein. Dies geschieht unabhängig von der garantierten Religionsfreiheit und der Forderung nach Toleranz, gleichgültig um welche Religion es sich handelt. Das Strafgesetzbuch sieht Strafen für Prosyletismus oder für öffentliche Gotteslästerung jeglicher Art vor.


 I. Die griechisch-orthodoxe Kirche


Die Zahl der Gläubigen der griechisch-orthodoxen Kirche stimmt mit der Bevölkerung Griechenlands fast überein. Nicht nur aber deshalb genießt sie einen besonderen Status. Aus der Rolle, die die Kirche sowohl während der osmanischen Herrschaft und in der griechischen Revolution als auch beim Aufbau des neugriechischen Staates gespielt hat, wird verständlich, weshalb die griechischen Verfassungen ihr stets eine privilegierte Stellung eingeräumt haben. Obwohl die griechisch-orthodoxe Kirche keine Staatskirche ist, sorgt der Staat für sie und unterstützt sie. In dem Sinne kann man auch nicht von einer vollständigen Trennung sprechen.


Juristisch ist sie, wie auch andere Religionsgemeinschaften, Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Verwaltungsmäßig ist die griechisch-orthodoxe Kirche in Erzdiözesen, die Metropolien, aufgeteilt, die sich über das ganze Land verteilen. Die Mehrzahl davon, 78 Metropolien, gehören der Autokephalen Orthodoxen Kirche Griechenlands an, einer der 16 autokephalen (=unabhängigen) Kirchen, aus der sich die Weltorthodoxie zusammenstellt. [Jede autokephale Kirche ist geistlich und verwaltungsmäßig selbständig, wobei sie in Einheit mit den anderen orthodoxen Kirchen durch das gemeinsame Bekenntnis an den Glauben der Propheten, der Apostel, der Kirchenväter und der sieben Ökumenischen Synoden des ersten Jahrtausends, durch denselben Ritus und ein gemeinsames Kirchenrecht verbunden ist.]


Dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel [dem heutigen Istanbul in der Türkei], einer anderen autokephalen Kirche derer Oberhaupt, der der Ökumenische Patriarch, der Ehrenprimas der Weltortho-doxie ist, unterstehen aus historischen Gründen auch einige Metropolien, die sich auf dem Territorium Griechenlands befinden. Es handelt sich um die Kirche Kretas, deren neun Erzdiözesen eine Art Selbstverwaltung genießen, und die fünf Metropolien des Dodekanes (Rhodos, Kos, Kalymnos, Karpathos, Symi). Unter der geistlichen Obhut des Ökumenischen Patriarchates befinden sich: die Insel Patmos, die kirchlich dem Stift des Klosters des hl. Apostel Johannes des Theologen angehört und die Mönchsrepublik des hl. Berges Athos. Die dritte Halbinsel von Chalkidiki ist ein sich selbst verwaltender, aber zum griechischen Territorium gehörender Ort. Das athonitische Land ist durch die dort vorhandenen 20 Klöster aufgeteilt. Aus Vertretern dieser Klöster bildet sich die Iera Koinotis, die Mönchsregierung, die die Halbinsel verwaltet. Der griechische Staat ernennt einen politischen Gouverneur, der die Verantwortung für die Zivilverwaltung trägt.


Die Autokephale Kirche Griechenlands und die Metropolien des Ökumenischen Patriarchates folgen dem gregorianischen Kalender, der 1924 vom griechischen Staat eingeführt wurde. Ein Teil der Gläubigen spaltete sich von der „offiziellen“ Kirche ab und bildete eigene Bistümer unter der Bezeichnung „Echte Orthodoxe Christen“. Diese schätzt man auf ca. 50.000. Sie sind strenggläubig und anti-ökumenisch.


II. Mysterien


Eine zentrale Stellung im Leben der griechisch-orthodoxen Kirche haben die Mysterien (vgl. Sakramente). Die wichtigste davon sind die folgenden sieben:
Die Taufe und das Chrisma (Myronsalbung) sind die Mysterien der Eingliederung in die Kirche. Die Taufe muss im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und mit Wasser gespendet werden.
Durch die Eucharistie erfährt man die Gemeinschaft im Leib Christi. Beim Abendmahl empfangen die Gläubigen beides, Brot und Wein, die nach der Wandlung Leib und Blut Christi sind. Da es keine volle kirchliche Einheit mit anderen Christen gibt, ist ein Interkommunion (ein gemeinsames Abendmahl) ausgeschlossen.


Durch die Trauung findet die Eheschließung der Gläubigen statt.
Durch die Mysterien der Beichte und der Heiligen Ölung
(= Krankensalbung) nimmt die Kirche die Reue und Busse der Christen wahr, und spendet ihnen die Vergebung der Sünden.


Das Mysterium der Weihe führt zur Ordination in die kirchlichen Ämter. Allerdings ist das Mysterium der Weihe in der griechisch-orthodoxen Kirche nur den Männern vorbehalten.

III. Heiligenverehrung, Marienverehrung


Die griechisch-orthodoxe Kirche verehrt die Heiligen als Vorbilder im Glauben und Fürbitter vor Gott. Die größte Fürbitterin aller Heiligen ist Maria, die Mutter Gottes. In der Verehrung Maria und der Anerkennung ihrer bedeutenden Rolle in der Heilsgeschichte stellt die Kirche u.a. ihre Achtung gegenüber der Person der Frau, allen Frauen, dar.


IV. Ikonenverehrung


Die zentrale Stellung der Ikonen in der griechisch-orthodoxen Kirche erkennt man sofort, wenn man in eine griechisch-orthodoxe Kirche oder in das Haus eines Gläubigen eintritt. Die Ikone, ein zweidimensionales Bild auf einer Holzplatte oder auf den Wänden der Kirche oder ein Mosaik, ist die Bibel der kleinen Leute. Da werden Themen aus der Heilsgeschichte, aus dem Leben Jesu oder heiliger Männer und Frauen dargestellt. Durch die Verehrung der Ikonen verehrt man die Personen, die abgebildet sind, und letztendlich verehrt man dadurch Gott. So beschied und verkündete das Siebte Ökumenische Konzil (Nizäa II), um jede Idololatrie auszuschließen. Wie Johannes von Damaskus, einer der bedeutendsten Kirchenväter, sagte: „Ikone ist ein Ebenbild, das auf das Urbild hinweist“.


In den Gotteshäusern findet man eine Welt von Bildern, die die Gläubigen mit dem dreieinigen Gott verbinden. Oben in der Mitte unter der Kuppel steht ein Christus als „Pantokrator“ (Allherrscher). In der Apsis über dem Altarraum hat die Gottesmutter als „Platytera ton Ouranon“ (Umfassendere als der Himmel) ihren Platz. Auf der Ikonostase, eine Wand, die den Altarraum vom Kirchenschiff trennt und die Gläubigen mit den Priestern eher verbinden, befinden sich Ikonen Christi, der Gottesmutter, Johannes des Täufers, der Heiligen, nach denen das Gotteshaus benannt ist, und der Erzengel. Auf den übrigen Wänden: Szenen der Heilsgeschichte, Propheten, Apostel, Heilige. Noch immer werden Ikonen genauso hergestellt wie vor 1000 Jahren, in Handarbeit mit traditionellen Motiven, traditionellen Techniken und Materialien.


V. Bedeutende kirchliche Feiertage


1. Januar: Am ersten Tag des Kalenderjahres feiert man das Fest des hl. Basilius von Cäsarea. [Der hl. Basilius ist derjenige, der nach der Tradition den Kindern Geschenke bringt – wie St. Nikolaus oder der Weihnachtsmann in der westlichen Tradition.]
– auch gesetzlicher Feiertag.


6. Januar - Epiphanie: Taufe Christi und Herabkunft des Heiligen Geistes in Gestalt einer Taube – auch gesetzlicher Feiertag.


30. Januar - Fest der Hl. Drei Hierarchen: Basilius der Grosse von Cäsarea, Gregor der Theologe von Nazianz, Johannes Chrysostomus. Die hl. Drei Hierarchen sind die Schutzpatrone der Bildung – auch Schul- und Universitätsfeiertag.


Beweglicher Feiertag - Der Montag nach dem Karneval-Sonntag: Der „Kathari“ (= sauberer) Montag (vgl. Rosenmontag).
– auch gesetzlicher Feiertag.


25. März - Maria Verkündigung. Zugleich Nationalfeiertag; Man gedenkt an des Beginns der griechischen Revolution gegen die osmanische Herrschaft – auch gesetzlicher Feiertag.


Beweglicher Feiertag - Der „große“ Freitag (vgl. Karfreitag): Kreuzabnahme und Grablegung Christi – auch gesetzlicher Feiertag.


Beweglicher Feiertag - Ostersonntag: Auferstehung Christi ¬– zusammen mit Ostermontag auch gesetzliche Feiertage.


Beweglicher Feiertag (40 Tage nach Ostern) - Christi Himmelfahrt – auch gesetzlicher Feiertag.


Beweglicher Feiertag (50 Tage nach Ostern) - Pfingstsonntag und -montag des Heiligen Geistes: Herabkunft des Heiligen Geistes in Gestalt von Feuerzungen – auch gesetzliche Feiertage.


15. August - Entschlafung der Gottesmutter (vgl. Mariä Himmelfahrt): Ein der bedeutendsten kirchlichen Feiertage, auch Ostern des Sommers genannt– auch gesetzlicher Feiertag.


14. September - Kreuzerhöhung.


25. Dezember - Weihnachten: Geburt Christi – zusammen mit dem


26. Dezember auch gesetzliche Feiertage.


VI. Ostern


Das Osterfest ist für die griechisch-orthodoxen Christen das Fest der Feste, wie der Osterkanon sagt. In den Tagen vom Palmsonntag bis Ostern finden viele Gottesdienste statt, die sehr beliebt bei den Gläubigen sind. Menschen, die sonst fast nie in die Kirche gehen, nehmen gerne am Passionsgottesdienst, an der Großen-Freitags-Prozession (vgl. Karfreitags-Prozession) oder in der Auferstehungsliturgie teil. Die Kirchen sind voll und die Menschen traurig, aber zugleich froh: traurig wegen des Todes Christi, froh wegen der Auferstehung, die ihre Herzen mit neuer Hoffnung erfüllt.


Übrigens, in Griechenland feiert man Ostern nach dem Julianischen Kalender, obwohl die sonstigen Feiertage nach dem Gregorianischen gefeiert werden. Dafür hat man sich entschieden, um man Ostern zusammen mit den anderen Autokephalen Orthodoxen Kirchen, die den Alten Kalender verwenden, feiern zu können.


Bekanntlich hat das Konzil von Nizäa festgelegt, dass das christliche Osterfest am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Frühjahrstagundnachtgleiche gefeiert werden soll. Auch darf das christliche Osterfest nicht vor bzw. zusammen mit dem jüdischen Paschafest gefeiert werden, also am 14. des Monats Nissan. Fallen nach der obigen Bestimmung des Konzils das christliche Osterfest und das jüdische Paschafest zusammen, so muss das christliche Osterfest auf den ersten Sonntag nach dem zweiten Vollmonde verlegt werden. Bestimmend ist auf jeden Fall der Julianische Kalender.


In dem Zeitraum von sieben Wochen vor Ostern wird von den Gläubigen Fasten verlangt, das zum Teil auch streng sein kann. Die meisten Menschen fasten aber hauptsächlich während der ersten Fastenwoche, nach dem Karnevalsonntag, und in der Großen Woche (vgl. Karwoche).
Am Großen Donnerstag (vgl. Gründonnerstag) werden Tsourekia (=Hefezöpfe) gebacken und Eier rot gefärbt; rot als Zeichen des Blutes Christi und zugleich als Farbe der Auferstehung. Diese Eier werden in der Osternacht aufeinander geschlagen. Was aus der roten Eierschale kommt, ist ein neues Leben und ein Zeichen des neuen Lebens, das die Auferstehung Christi uns bringt.


In dem „Epitaphios“, der Prozession des Großen Freitags (Karfreitag), wird das reich mit Blumen geschmückte Grab Christi durch die Strassen während eines besonderen Trauergottesdienstes getragen. Eine große Menge von Christen nimmt daran teil. Gefastet wird an diesem Tag sehr streng.


Die Osterliturgie findet in der Regel Samstag-nacht statt. Diese ist die eindrucksvollste aller orthodoxen Liturgien. Gegen Mitternacht gibt der Priester den Christen das Osterlicht, und kurz darauf nach dem Evangelium verkündet er die frohe Botschaft: „Christus ist auferstanden.“ Diese Botschaft geben dann die Christen untereinander weiter. Der eine sagt: „Christus ist auferstanden“, der andere antwortet: „Er ist wahrhaftig auferstanden.“ In einer Atmosphäre der großen Freude umarmt man sich, küsst man sich.

Übrigens, den, dessen Ei unzerbrochen bleibt, betrachtet man als besonders gesegnet.
Nach der Liturgie findet das festliche Essen statt, das die Fastenzeit beendet. Gegessen wird die Magiritsa, eine Suppe aus Lamminnereien und Reis, und Lamm.


Am Ostersonntagvormittag versammelt man sich in der Kirche zur Vesper der Liebe, die „zweite Auferstehung“, wie man sie so schön nennt, wo das Oster-Evangelium in mehreren Sprachen verkündet wird als Zeichen der Universalität der Auferstehung und der Botschaft Christi.
Der Rest des Tages wird im familiären Kreis groß gefeiert. Man isst, man trinkt, man tanzt, man singt. Spezialität des Tages ist das Lamm. Wo es eine solche Gelegenheit gibt, brät man das ganze Lamm am Spieß.